Hexenprozesse in Kurmainz

Melchior Goldast v. Haiminsfeld

Melchior Goldast von Haiminsfeld hat als ausgewiesener Jurist und Verfassungshistoriker nach Studium an Universitäten aller drei Konfessionen auch zu Hexenverfolgung und Konfiskationen in seinem 1629 erschienenen Werk als Befürworter der Hexenprozesse Stellung genommen.

Leben und Werk

Goldast wurde am 6. Januar 1578 in Espen bei Bischofszell im Kanton Thurgau als Sohn verarmter reformierter Adeliger geboren. Er stellte schon früh seine konfessionell weit reichende Orientierung unter Beweis, da er sein philologisches und juristisches Studium an der katholischen Universität Ingolstadt (1595-1596) und der evangelisch-lutherischen Universität Altdorf (1597-1598) absolvierte. Seit 1599 war er in der Bibliothek von Kloster St. Gallen mit der Erfassung von Urkunden und Archivalien in der Bibliothek betraut. 1600 bis 1601 war er für seinen Gönner, Bartholomaeus Schobinger mit der Herausgabe von Manuskripten in Genf beschäftigt. Als er Anstellung als Sekretär von Henry, Herzog von Boullion erhielt, ging er mit diesem nach Heidelberg, wo er möglicherweise 1603 promoviert wurde. (Baade, Goldast, S. 34). Doch weder mit der Promotion noch mit dem Gang nach Frankfurt a.M. 1606 verbesserte sich seine finanzielle Situation. In dieser Zeit war er als Schriftsteller, Herausgeber und Rechtsgutachter tätig, bis er 1611 an den Hof von Sachsen-Weimar berufen wurde, wo er seit 1613 zum Rat ernannt wurde. Bereits 1615 wechselte er an den Hof von Graf Ernst II. von Schaumburg-Bückeburg (1601-1622), wo er nur bis 1624 blieb. Aufgrund der kriegerischen Entwicklung und des Todes von dem 1619 in den Fürstenstand erhobenen Ernst II. verlies er Bückeburg und flüchtete seine Bibliothek in das sichere Bremen.

1625 wohnt er bereits wieder in Frankfurt. 1612 hatte er hier die Frankfurter Bürgerin Sophie Ottilie Jeckel, mit der er zwei Töchter hatte, geheiratet.

Noch in schaumburgischen Diensten war Kaiser Ferdinand II. auf Goldast aufmerksam geworden und beauftragte ihn, den reformierten Schweizer, mit einer Darstellung der kaiserlichen Erbrechte in Böhmen. Als Dank für die Arbeiten wurde er 1627 zum kaiserlichen, im gleichen Jahr auch zum kurtrierischen Rat ernannt. Seine letzte Lebensstation ist seine Anstellung bei Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt (1626-1661) an der Universität Gießen seit 1632, wo er vermutlich auch zum Kanzler der Hochschule ernannt wurde. 1635 verstarb Goldast in Gießen.

Seine 4151 Titel umfassende Bibliothek, für die er fast alle seine Mittel aufgewandt hatte, wurde von der Stadt Bremen erworben, wo sie heute noch, bis auf die an Christina von Schweden abgetretenen Handschriften, vollständig einsehbar ist. Der Bestand umfasst nicht nur alle wichtigen antiken und spätantiken Autoren, sondern auch mittelalterliche und frühneuzeitliche Werke.

Die 65 von ihm verfassten Werke umfassen z.T. mehrere Bände. Es handelt sich aber vielfach um reine Sammlungen von Archivalien, was ihm den Vorwurf der „unkritisch und vielfach kompilatorischen Beschäftigung“ (Müller, Goldast, Sp. 820) einbrachte, zumal sie z.T. nicht einwandfrei ediert wurden (Hoke, Goldast, Sp. 1736). Schwerpunkte seiner Arbeit sind Reichsrecht und böhmisches Recht, mittelalterliche Lyrik (Erstausgabe von Walther von der Vogelweide), alemannische sowie schwäbische Scriptores und theologische Werke. Seine umfangreichen Editionen erlaubten der deutschen Staatsrechtslehre, sich empirisch auf spätmittelalterliche und neuzeitliche Quellen neben den antiken Quellen zu stützen.

Stellung zu den Hexenprozessen

In Diensten der Herzöge von Sachsen-Weimar (1611-1615), von Graf, ab 1619 Fürst Ernst II. von Schaumburg-Bückeburg (1615-1624), Kaiser Ferdinands und Philipp Christoph von Soetern, Erzbischof von Trier (1627) sowie schließlich Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt (1632-1635) werden ihm auch die Hexenprozesse in diesen Territorien bekannt gewesen sein. Goldast, der sogar eine Sammlung von scherzhaften Rechtshändeln (Processur juris joco-serius, Hanau 1611) herausgab, nahm in der Frage der Hexenverfolgung hingegen einen unerbittlichen Standpunkt ein, den er in seinem 180 Seiten umfassenden Werk „Rechtliches Bedencken. Von Confiscation der Zauberer und Hexen-Güther“ äußert. Er stellte das Werk nach eigenem Eintrag 1629 fertig, obwohl es erst 1661 erschien. Noch in der ADB wird dieses Werk als „eine vortreffliche Abhandlung über Confiscation“ gerühmt, ohne dass die Thematik der Hexenverfolgung überhaupt Erwähnung findet. (Gozenbach, Goldast, S. 328).

Das 1629 fertiggestellte Werk berücksichtigt auch noch neueste Befürworter der Hexenverfolgung, so Lorenz von Harbach, und den hessen-darmstädtischen Pfarrer Johann Ellinger. Goldast hat das Werk vermutlich in Frankfurt als kurtrierischer Rat, beeinflusst durch die dortige Verfolgung, verfasst. Seine lobende Hervorhebung der Konfiskationsregelung in Schaumburg macht aber auch deutlich, dass er hier schon mit der Materie betraut gewesen war. Goldast ermahnt Obrigkeiten unmissverständlich zur Hexenverfolgung, da sie sich sonst vor Gott und dem Kaiser schuldig machten. Unter seinem letzten Dienstherrn, Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt, muss seine Haltung als Spitze gegen seinen Landesherrn verstanden werden, da sich dieser bei Hexereianschuldigungen sehr zurückhielt. Mit der von ihm geforderten harten Strafverfolgung hatte Goldast 1603 Kontakt gehabt, da sein Bruder in diesem Jahr wegen Mordes in Straßburg gerädert wurde.

Goldast hat einen sehr weitgefassten Hexenbegriff, denn er rechnet nicht nur Verursacher von Schadenszauber und Personen, die der Teufelsbuhlschaft und göttlicher Majestätsbeleidigung überführt wurden zu der Gruppe der Zauberer, sondern weit mehr Personen. Für ihn beginnt mit Aberglaube und Hilfeleistung des Teufels die Zauberei. So subsumiert er nicht nur Wahrsager, Segenssprecher, „Buhlzwinger, Lieblocker, Mannskraftnehmer“ (in Bezugnahme auf den Hexenhammer) sondern auch Astronomen, Rattenfänger, Gaukler, Seiltänzer, ja sogar Ärzte wie Paracelsus und Weyer als Zauberer, die im Pakt mit dem Teufel stünden oder zumindest seiner Hilfe bedürften, ein. Er verwendet damit einen für das frühe 17. Jahrhundert relativ weit gefassten Hexenbegriff.

Für alle überführten Zauberer, die einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hätten, fordert er, unabhängig von entstandenem Schadenszauber, die Todesstrafe durch Verbrennen und lehnt die Möglichkeit der Bekehrung ab. Hier wendet er sich auch gegen Autoren wie Weyer, Prätorius, Gödelmann etc. Den Widerspruch zur Carolina, wo die Confiscation bei laese majestatis verboten worden war (§ 218), löst er mit zwei Kunstgriffen. Er gelangt zu dem Kernsatz, „ubi leges non distinguunt, neque nos distinguere debemos“ (wo die [Reichs-]Gesetze nicht unterscheiden, ist es uns auch nicht gegeben, zu unterscheiden), womit er die gängige Konfiskationspraxis legalisierte.

Da für Goldast die Hexerei überhandnimmt, hält er eine scharfe und unerbittliche Verfolgung ohne Rücksicht auf Stand und Herkommen für erforderlich.

Nachweise

Verfasser: Ludolf Pelizaeus

 
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