Hexenprozesse in Kurmainz

Michel Fritz

Auch die anderen beiden Angeklagten sahen sich dem gleichen Prozessschema gegenüber. Verhaftet, ohne dass ihnen die Gründe ihrer Inhaftierung genannt wurden, brachte man sie vor die Richter, die zunächst 15 Fragen gütlich, d.h. ohne Folter, stellten. Wenn schon jetzt der oder die Angeklagte sich mit einer Aussage selbst bezichtigte, so erfolgte nach der Bestätigung der Aussage die Hinrichtung. War dies jedoch, wie meistens, nicht der Fall, so wurde die Folter angewandt und nicht weniger als 98 Fragen gestellt. Eigentlich gab es eine Reihe von Einschränkungen für die Folter, doch wurden sie entweder vielfach umgangen oder in einer turbulenten Zeit, wie der des Dreißigjährigen Krieges, einfach missachtet. So traf es auch Michel Fritz, auch Erlis Müller genannt, was darauf schließen lässt, dass er Müller war. Fritz war verheiratet und hatte mindestens zwei Töchter und einen Sohn. Immerhin besaß er Kontakt zum kurmainzischen Amtsvertreter, dem Keller, den er in dem durch die Folter erpressten Geständnis als den Vermittler für sein angebliches Hexerdasein nennt. Der Inhalt des Geständnisses entspricht dem üblichen Schema: Er gesteht die angebliche Teilnahme an einer zauberischen Hochzeit, Schadenszauber an Vieh und Frucht, einen Kindsmord und besagt rund 35 weitere Personen. Diese Besagung war, wie die zauberische Hochzeit, zentrales Element des Prozesses und erklärt die Verwicklung von vielen Personen in die Verfolgung. Daher war Fritz auch darum bemüht, vornehmlich Leute zu nennen, die bereits "mehretheilß gestorben vnd Hingericht" sind. Familienangehörige belastet er nicht, betont vielmehr, dass er sich auch nicht erklären könne, wieso seine Frau von seinen vermeintlichen Hexenritten nichts gewusst habe. Es fällt allerdings auf, dass Fritz nicht nur die Herstellung von „Zauberschmir“ aus Kindern ableugnet, sondern andererseits deutlich macht, dass ihm bekannt sei, dass dieses zu dem gehöre, was eben seine Richter von ihm hören wollten, war dies doch Teil gängiger Hexenvorstellung. (Sagt, er hette gehöret, das die hexen sollen...). Hier wird das Moment der Rezeption gehörter Hexenstereotype deutlich und dies zeigt zugleich, wieso die Verhörten überhaupt zu derart detailreichen Darstellungen von eigentlich nie erlebten Dingen imstande waren.

Doch auch ihn traf, wie Anna Stark, die bereits bei der Verhaftung vorgesehene Strafe. Michel Fritz wurde vermutlich am 19. November 1627 hingerichtet. Nach ihm starben seine Frau Margreth (Geständnis vor dem 10. März 1628), seine Tochter Anna (Geständnis vor dem 14. März 1628) und sein Sohn Peter (Geständnis vor dem 10. März 1628), gleichzeitig Schwiegersohn der bereits vorher hingerichteten Ottilia Sponseil. Eine weitere Tochter, deren Name als „Hans Sattig Keßlers Frau“ angegeben wird, blieb flüchtig.

Hörbeispiel: Fiktives Verhör von Michel Fritz auf der Grundlage von Lage 83

Sprecher:

  • Keller: Alexander Ritter
  • Michel Fritz: Joachim Paul
  • Aufnahme: Matthias Untucht

Nachweise

Verfasser: Ludolf Pelizaeus

Quellen:

  • Stadtarchiv Mainz, 28/291, Lage 83 fol. 53r.–57v.
 
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