Hexenprozesse in Kurmainz

Strafrechtliche Grundlagen in Kurmainz

Viel wichtiger als der Hexenhammer, der nur als Motivationsvorlage dienen konnte oder auch die Constitutio Criminalis Carolina, deren Gültigkeit und Durchsetzungskraft stark eingeschränkt war, waren die landesherrlichen Prozessordnungen. Im Heiligen Römischen Reich hatte jeder Landesherr, der nur dem Kaiser unterstand (Reichsunmittelbar), das Recht, selbstständig Gesetzeswerke für sein Territorium zu erlassen.

Die Mainzer Kurfürsten besaßen am Zustandekommen und Inhalt der Carolina maßgeblichen Anteil. Kurfürst Albrecht von Brandenburg führte bereits mit der "ersten Wormser Projektion" nach der Niederschlagung des Bauernaufstandes 1525 in Teilen des Oberstifts ein neues Strafgesetz ein. Im Zuge dieser Reform wurde auch die weitgehende Selbständigkeit der Gerichte beseitigt. Gab es vorher Gerichte für die örtlichen Verwaltungseinheiten (Zehnte, Zehntgerichtsbarkeit), so wurde jetzt im Oberstift faktisch ein einziger Hochgerichtsbezirk geschaffen.

Dieser schloss auch die unterstiftischen Ämter Höchst und Hofheim ein. Oberste Instanz in Kriminalfällen im Kurfürstentum waren seitdem die Mainzer Weltlichen Räte, der kurfürstliche Hofrat. Dieses Gremium überwachten u.a. auch die Hexenprozesse. Hieraus resultierte eine Aktenversendung in großem Maßstab. Gutachten oder Stellungnahmen der juristischen Fakultäten der Universitäten, wie z.B. in Schlesien, wurden nur in ausdrücklichen Ausnahmefällen zugelassen.

0.1.Anklagemöglichkeiten

Es war problematisch, dass die weltlichen Räte ihre Entscheidungen einzig aufgrund des schriftlich geführten Ermittlungsverfahrens ortsansässiger Beamter fällten. Sie wurden also von deren Urteil abhängig, zumal sie sich selbst keine allgemein gültigen Maßstäbe auferlegten.

Dadurch war die Grenze zwischen

  • → Gerücht,
  • → Denunziation und
  • → Indiz

starken Schwankungen unterworfen und verwischte häufig. Anzeigen von Schadenszauber wurden zwar als Indiz gewertet, sind aber nach unserem heutigen Verständnis nur eine Denunziation. Besagungen durch Tatkomplizen erlangten im 17. Jahrhundert immer größere Bedeutung und verdrängten nach ihrer Gewichtigkeit schließlich alle konkurrierenden Indizien:

Die qualitative Gewichtung einer differenzierten Anzeige wurde zunehmend durch massenhafte pauschale Denunziationen ersetzt.

0.2.Kurmainzische Strafverfahrensordnungen

Das Jahr 1612 bedeutet in prozessualer Hinsicht eine Zäsur. In diesem Jahr erließ Kurfürst Johann Schweickard von Kronberg mehrere das Strafverfahren betreffende Ordnungen (Jüngere Ordnungen). Sie regelten:

  • → Haft
  • → Verhör,
  • → Exekution des Gefangenen sowie
  • → Güterkonfiskation.

Lediglich für die Güterkonfiskation existierte bereits eine frühere Ordnung aus der Zeit Kurfürst Wolfgangs von Dalberg. Die neuen Ordnungen sollten den Prozessen einen verfahrensrechtlich fest abgesteckten Rahmen geben.

Dies gilt auch für die Verpflegungsordnung der Gefangenen aus dem nämlichen Jahr.

NACHWEISE

Verfasser: Ludolf Pelizäus und Herbert Pohl

 
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