Hexenprozesse in Kurmainz

Maas Mosel Raum

Der vorliegende Beitrag stellt eine leicht überarbeitete Fassung des gleichnamigen Aufsatzes von Rita Voltmer und Walter Rummel, erschienen in „Unrecht und Recht. Kriminalität und Gesellschaft im Wandel, 1500-2000. Gemeinsame Landesausstellung der rheinland-pfälzischen und saarländischen Archive. Wissenschaftlicher Begleitband, hg. v. Heinz-Günther Borck unter Mitarbeit von Beate Dorfey. Koblenz 2002, S. 297-339 dar. Es wurden daher, im Gegensatz zu den anderen Beiträgen, der Anmerkungsapparat übernommen.

0.1.Einleitung

Die Geschichte der Hexenverfolgungen gehört zu jenen historischen Themen, die innerhalb wie außerhalb der Wissenschaft immer wieder erheblicheses Interesse finden. Die einen bewegt das unvorstellbare Unrecht, das Frauen und Männer, die wegen angeblicher Hexerei angeklagt, gefoltert und hingerichtet wurden, durch ihre Mitmenschen erleiden mussten. Andere fasziniert die Esoterik des Hexenglaubens: magische Rituale, nächtliche Flüge über weite Strecken zu heimlichen Zusammenkünften mit anderen vermeintlichen Hexen, orgiastische Feiern und das Zusammentreffen mit dem Teufel. Kaum übersehbar ist mittlerweile die Flut an Publikationen, die über das provozierende Sujet sowohl seitens der Wissenschaft als auch in Gestalt historischer Romane sowie pseudo-wissenschaftlicher, esoterischer, neopaganer und feministischer Literatur erschienen ist. Dabei gelangen immer wieder Neuauflagen von längst veralteter Forschungs- und Trivialliteratur auf den Buchmarkt, und mit ihnen überholte Interpretationsansätze und Vorurteile. Hartnäckig hält sich so das Verdikt, die "katholische Kirche", dabei hauptsächlich die "Inquisition", sei verantwortlich für massenhafte Hexenverfolgungen. Abgesehen davon, dass die überwiegende Mehrzahl der Hexereiverfahren vor weltlichen Gerichten stattgefunden hat, bleibt hierbei auch unbeachtet, dass man gerade dort, wo die Verfolgung des Hexereidelikts weitgehend oder ganz in den Händen der kirchlichen Inquisition lag (Spanien, Portugal, Italien), einen gemäßigten, ja vorsichtigen Umgang mit Hexereibeschuldigungen und -anklagen feststellen kann. Ebenso hartnäckig wollen Teile der interessierten Öffentlichkeit weiterhin glauben, den „mittelalterlichen“ Hexenprozessen seien überwiegend heilkundige Frauen zum Opfer gefallen, obwohl nachweislich die massenhaften Hexenverfolgungen ein frühneuzeitliches Phänomen waren, in deren Verlauf nur wenige Hebammen oder Heilerinnen hingerichtet wurden. [Anm. 1] 

Erschwert wird die Diskussion durch die oft undifferenzierte Verwendung der Begriffe „Hexerei“ und „Zauberei“. Gerade Zauberei als Umgang mit weißer und schwarzer Magie und das dazugehörige Spezialistentum sind eine universalkulturelle Erscheinung und keineswegs das, was in den frühneuzeitlichen Hexereiverfahren im Mittelpunkt der Verfolgung stand. Vielmehr ging es hier um Schadenzauber, der eingebettet war in die Vorstellung einer vom Teufel gegen Gott und die gesamte Christenheit angeführten, im Geheimen agierenden Sekte. In der Kernzeit der massenhaften Hexenprozesse (ca. 1440-1690) setzte sich daher das Hexereidelikt für die weltlichen Gerichte aus mindestens drei Einzelstraftatbeständen zusammen: 1. der Gotteslästerung, weil man glaubte, die vermeintlichen Hexen kündigten ihren Taufbund auf, verleugneten Gott und gingen einen Pakt mit dem Leibhaftigen ein; 2. Unzucht oder Ehebruch, weil man unterstellte, sie würden diese neue Verbindung wie eine Eheschließung durch geschlechtlichen Verkehr mit der Gestalt des Teufels vollziehen; schließlich 3. Schadenszauber, den die „Hexen“ zur Vernichtung von Saat und Ernten sowie durch Verletzung und Tötung von Haustieren und Menschen ausüben würden. Nach der damaligen Rechtsordnung mussten schon die beiden ersten Delikte mit dem Tode bestraft werden. Auch der Schadenzauber galt als todeswürdig, glaubte man doch, die Hexensekte habe es auf die gesamte göttliche Schöpfung abgesehen.

An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, ob die Angeklagten tatsächlich die ihnen vorgeworfenen Delikte, also Teufelsanbetungen, Schadenzauber an ihren Mitmenschen, an Vieh und Ernten, versucht haben. Gerhard Schormann hat dies in einer prägnanten Formulierung kategorisch verneint: „Hexenprozesse waren Strafverfahren ohne Straftat“. [Anm. 2] Dem ist sicher zuzustimmen, sofern sich diese Aussage auf die 'klassischen' Hexereiverfahren bezieht, die nach 1560 geführt wurden und um das 'neue' Hexereiverbrechen mit seinen Bestandteilen Teufelspakt und -buhlschaft, Hexenflug und -sabbat sowie Schadenzauber konstruiert waren. "Menschen, die sich selbst im Sinne dieser Lehre als 'Hexe(r)' gefühlt haben, hat es höchstwahrscheinlich nicht gegeben." [Anm. 3] Gleichwohl fanden jenseits der Massenverfolgungen immer wieder Einzelverfahren gegen Personen statt, die tatsächlich verbotene magische Praktiken wie Heil-, Hilfs-, Abwehr- und Schutzzauber angewandt haben. Hinter diesem Personenkreis versteckten sich jedoch keineswegs die so genannten 'weisen' Frauen, vermeintliche Hüterinnen uralten Wissens, sondern arme Männer und Frauen, die ihre kärgliche Existenz durch Wahrsagerei, Handlesen und Liebeszauber aufbessern wollten. Vielfach waren es auch gerade Pfarrer, die als 'Ratgeber' auftraten. Dabei kam es zu einer kaum trennbaren Vermischung von kirchlicher Schutz- und Segenspraxis mit volksmagischem Brauchtum. Nur selten wurden die Verfahren gegen diesen Personenkreis in Hexereiprozesse umgedeutet und meist wurden die dörflichen oder städtischen Kleinmagier mit Geldbußen, Verbannung, selten mit körperlichen Züchtigungen bestraft.

Die Radikalität der Aussagen Schormanns wird auch in einem anderen Kontext deutlich, vergegenwärtigt man sich die bis heute andauernde Tradition von Interpretamenten, die dem Hexenthema durchaus den einen oder anderen Realitätsbezug zusprechen will. Nachdem die Aufklärung des 18. Jahrhunderts das juristische Unrecht der Hexenprozesse vor allem durch den Nachweis der fiktiven Konstruktion des Deliktes angeprangert hatte, setzte im 19. Jahrhundert aus ganz anderer Perspektive eine Rehabilitierung der Opfer ein. Berühmte Schriftsteller ihrer Zeit wie Jules Michelet in Frankreich und die Gebrüder Grimm in Deutschland ließen die „Hexe“ wieder auferstehen, indem sie ihr eine ins Positive gewendete Bedeutung gaben und damit ihre tatsächliche, materielle Existenz behaupteten. [Anm. 4] Michelet machte sie zur von der Kirche verfolgten Heilkundigen des Volkes, die Gebrüder Grimm stilisierten sie zu einer ebenfalls aus kirchenpolitischen Gründen verfolgten germanischen Priesterin. Während die Thematisierung des juristischen Unrechts weiterhin in den von der Aufklärung gezogenen Bahnen verlief, rief die Grimm‘sche Romantisierung der „Hexen“ auch Gegenstimmen auf den Plan, die allerdings eine andere Realität des Hexenwesens behaupteten. Zu ihnen gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts der Pfarrer Hermann Laven aus Leiwen an der Mosel, der allen Ernstes die in den Prozessakten beschriebenen Hexentänze als wirklich vorgefallene unzüchtige Zusammenkünfte reicher Männer aus der Stadt mit jungen Mädchen vom Lande ansah. [Anm. 5]

Mehr Zulauf fand die esoterische Interpretation, wie sie in den 20er Jahren besonders die Anthropologin Margaret Murray verkündete. Ihr zufolge war das Hexenwesen eine reelle Ausprägung heidnischer Fruchtbarkeitskulte. [Anm. 6] In Murrays Fußstapfen trat in den 30er Jahren kein Geringerer als Heinrich Himmler, der das erste ‚wissenschaftliche‘ Projekt zur Erforschung des Hexenwesens als verfolgte Kultgemeinschaft ‚germanischer‘ Hexen initiierte. Freilich stand neben dem Bedürfnis nach Rehabilitation der ‚germanischen‘ Opfer eine politische Motivation. Denn im Kontext mit der für die Zeit nach dem „Endsieg“ geplanten Endabrechnung insbesondere mit der katholischen Kirche wollte man hieb- und stichfest deren ‚Schuld‘ am angeblich millionenfachen Massenmord an Trägerinnen germanischen Kultur- und Rasseguts in den Vordergrund stellen. [Anm. 7]

Auch nach dem Krieg meldeten sich ‚Hexen-Materialisten‘ der verschiedenen Lager erneut zu Wort. Wie ein fernes Echo jenes skurrilen Sittenbildes, das der erwähnte Pfarrer aus dem Trierer Raum gezeichnet hatte, nimmt sich aus, was noch 1970 der Rechtshistoriker Friedrich Merzbacher in der 2. Auflage seiner Studie zu den bayerischen Hexenverfolgungen über die Realität des Hexenwesens verkündete: „Vielfach treffen wir unter den Hingerichteten auf arbeitsscheue und ausschweifende Geschöpfe, die ihren fleißigeren, sparsameren und sittlicheren Nachbarn ihren Wohlstand neideten. Häufig waren die Opfer des Hexenwahns 'zermürbte, zerrissene Naturen, die von Gott und dem Glauben abgefallen, einem verhängnisvollen Kultus anhingen.' Es hat den Anschein, dass die Hexerei... als das Modeverbrechen der Zeit wirkliche Verbrechen absorbiert habe, da vielfach reale Straftatbestände vorlagen, wie etwa Kindesmord, Giftbeibringung, schwere Brandstiftung u. dgl. Neben vielen wertvollen, unschuldigen Menschen endeten wahrscheinlich zahlreiche negative Kreaturen in den Flammen." [Anm. 8]

War dem zufolge zumindest ein Teil der Angeklagten Opfer eigener krimineller Verfehlungen, so schoben Vertreter einer staats- und kirchenkritischen Perspektive die Verantwortung wiederum auf die Ebene kirchlicher und weltlicher Eliten, denen sie eine politische Verschwörung und ein Verbrechen gigantischen Ausmaßes unterstellten: Hexenverfolgungen seien demnach nur inszeniert worden, um geheimes, nur so genannten „weisen Frauen“ bekanntes, Verhütungs- und Abtreibungswissen zu eliminieren, damit das Bevölkerungswachstum nicht durch derlei Kunstgriffe verhindert würde. Erneut wurde damit eine hinter den Prozessen liegende Realität der 'Hexen' behauptet, wofür jedoch bislang jeder Nachweis fehlt wie überhaupt die These von der „Vernichtung der weisen Frauen“ von der Forschung grundlegend widerlegt worden ist. [Anm. 9]

Auch die professionelle Erforschung der Geschichte der Hexenverfolgungen hat sich in den letzten 20 Jahren immer wieder die Frage nach dem gesellschaftlichen Hintergrund des Geschehens gestellt. Doch macht es einen Unterschied, ob nach eingehender Analyse des Quellenmaterials soziale Spannungen zwischen Klägern und Zeugen auf der einen Seite sowie den Angeklagten auf der anderen Seite aufgespürt werden können oder ob man die Behauptungen der Klägerseite, aber vor allem die im Verhör und unter der Folter erpressten Geständnisse ohne quellenkritische Vorsicht voll akzeptiert, um sie dann als Beweise für eine vermeintlich real existierende kulturelle Gegenwelt anzuführen. [Anm. 10] Auf der Grenze dieser Problemlage angesiedelt sind Ansätze besonders der frauengeschichtlich orientierten Hexenforschung, welche den Aussagen angeklagter Frauen insoweit Realitätsgehalt beimessen, als sie darin Hinweise für tatsächlich versuchte Zauberei zu finden glauben. Diese als real angenommene 'Kunst der Frauen' wird als Versuch gewertet, strukturell gegebene soziale Unterlegenheit zu kompensieren. [Anm. 11] Trotz des tendenziösen Charakters der Prozessunterlagen bleibt die Frage, was die Umwelt mit ihren Beschuldigungen und Aussagen sanktionierte, von zentraler Bedeutung für unser Verständnis der Lebenssituation der Angeklagten. Ebenso zentral ist die Frage, wie sich Recht und Rechtspraxis, Herrschaft und Verwaltung auf das vermeintliche Delikt der Hexerei eingelassen haben.

Trotz vieler noch ungelöster Probleme hat die Hexenforschung beträchtlichen Erkenntnisgewinn zu verzeichnen, seitdem sie in der Folge eines grundsätzlichen Paradigmenwechsels die Frage nach dem gesellschaftlichen Umfeld in den Mittelpunkt gestellt hat. Bis Anfang der 70er Jahre herrschte die noch aus der Aufklärung herkommende rechtsgeschichtliche Perspektive vor, welche das historische Problem allein in einem auf Anerkennung eines Irrglaubens gegründeten Prozessverfahren sah. Daher fanden sozialgeschichtliche Fragen in diesem Kontext keine Beachtung. [Anm. 12] Dies änderte sich mit Erik Midelforts sozialwissenschaftlich geprägter Studie zu den Hexenverfolgungen im deutschen Südwesten (1972) und mit den im gleichen Zeitraum veröffentlichten anthropologisch inspirierten Arbeiten von Keith Thomas und Alan MacFarlane zu den englischen Hexenprozessen. [Anm. 13] Neben die Ermittlung der sozialen und politischen Umstände, welche die Verfolgungen begleiteten, traten anthropologisch geprägte Fragen nach ihrem subjektiven Sinn, den die klassische Aufklärung natürlich nie hat anerkennen können: Was bedeutete der Hexenglaube für die Zeitgenossen? Welche Problemlösungen schien der Hexenglauben den Zeitgenossen anzubieten?

Neuerdings erkennt man auch die Relevanz der Frage an, welche sozialen und politischen Interessen „mit den Waffen der Justiz“ in Hexenprozessen verfolgt werden konnten. Damit rücken wieder rechts- und verfassungsgeschichtliche Aspekte der Hexenverfolgungen in den Blick. Immerhin beeinflusste die herrschaftliche Handhabung und Kontrolle von Gerichtsrechten maßgeblich den Fortgang der Verfolgungen. [Anm. 14] Schon Brian P. Levack betonte, dass gerade in Ländern, wo eine ausgeprägte zentrale Kontrolle die Willkür lokaler Gerichte bremste, Hexenverfolgungen keine massenhaften Ausmaße annehmen konnten. [Anm. 15] Schwere Hexenverfolgungen kamen dagegen auffallend häufig in kleinen und mittleren Herrschaften und Territorien vor, wo sich in Abwesenheit oder in Abwehr von zentraler Aufsicht zum Teil hermetisch abgeschlossene Verfolgungsmilieus bilden konnten. Dabei scheint es zu einer engen Verquickung von demonstrativer, auf Legitimation ausgelegter Herrschaftspraxis und hierfür nutzbarer Kriminal- bzw. Hexenjustiz gekommen zu sein. Neben den Motivationen der gemeindlichen Prozessbetreiber sind daher auch die auf der herrschaftlich-politischen Ebene angesiedelten Beweggründe der Obrigkeiten und Beamte zu berücksichtigen. [Anm. 16]

Bei der Frage nach dem historischen Kontext der Massenverfolgungen befasst sich die neuere Forschung schon seit längerem mit einem Grundproblem jener Epoche: den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krisenerscheinungen. Trotz dem jederzeit möglichen Einwand – welche Epoche kannte keine Krise? – muss die Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts als in ganz außerordentlichem Maße krisenhaft geprägt erscheinen. Zu beachten bleibt überdies, dass sie von Katastrophen heimgesucht wurde, deren Ursachen problemlos den wegen Hexerei angeklagten Menschen zugeschrieben werden konnten: die Vernichtung von Saat und Ernten durch anhaltend nasse und kalte Witterungsverhältnisse, Frühjahrsfrost und Unwetter. Tatsächlich ist für die Zeit ab dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts bis in das 17. Jahrhundert für Europa eine anhaltende Klimaverschlechterung nachweisbar, die mit sinkenden Durchschnittstemperaturen genau die erwähnten Folgen hatte. [Anm. 17] Hinzu kommen die schon mit dem holländisch-spanischen Krieg in den 1580er Jahren einsetzenden, den Westen des Reiches in Mitleidenschaft ziehenden Auseinandersetzungen. [Anm. 18] Misswachs, Teuerung, Hunger und erhöhte Sterblichkeit waren nicht abzuwendende Folgen – und wurden bei Hexereiklagen immer wieder thematisiert. Die in fast allen neueren Analysen hervortretenden sozialen Spannungen im Umfeld der Angeklagten – an und für sich ein universales gesellschaftliches Phänomen – haben durch diese spezifischen Krisenelemente der Epoche eine ganz erhebliche Verschärfung erfahren.

Trotz der Bedeutung objektiver Verhältnisse und Tatsachen lässt sich das Verfolgungsgeschehen nicht auf eine davon ableitbare Funktion reduzieren. Hexenverfolgungen fanden nicht gleichmäßig in allen europäischen Ländern, auch nicht in allen Territorien des Alten Reiches statt und selbst in den Hochburgen der Verfolgungen sind bestimmte zeitliche Konzentrationen festzustellen. Nicht jeder Hexereiverdacht führte direkt zur Anklage, ebenso wenig wie jede Hungerkrise eine Verfolgungswelle auslöste. Umgekehrt endeten Prozessserien bisweilen, ohne dass eine grundsätzliche Änderung der sie auslösenden Faktoren erkennbar wäre. Auch konnten vom Hexenglauben unabhängige Faktoren wie politische Konflikte, herrschaftliche Interessen und dörfliche Rivalitäten dazu führen, in Hexenprozessen, für die bis dahin kein vitales Interesse vorhanden gewesen war, nun eine Möglichkeit zu sehen, bestimmte Ziele zu erreichen, wie auch umgekehrt herrschaftliche Eingriffe Verfolgungswellen beendeten oder gar nicht erst aufkommen ließen. [Anm. 19]

Im folgenden wird sich die Darstellung auf Fragen nach den sozialen und herrschaftlichen Hintergründen und Interessenlagen, welche die Verfolgungen im Rhein-Maas-Mosel-Raum antrieben oder auch bremsten, konzentrieren. Von den Hexenjagden betroffen waren hier die Stadt und das Kurfürstentum Trier, das Territorium der Reichsabtei St. Maximin, das zu den Spanischen Niederlanden zählenden Herzogtum Luxemburg und die in der Südeifel gelegenen Manderscheider Grafschaften. Sodann sind für die Hunsrückgebiete neben den dort gelegenen kurtrierischen Ämtern noch die Hintere Grafschaft Sponheim und die Wild- und Rheingrafschaft zu nennen. Die zahlreichen Herrschaften des Saar-Raumes, die zum Teil dem Kurfürstentum Trier, zum Teil auch dem Herzogtum Lothringen unterstanden, blieben von den Hexenverfolgungen ebenso wenig verschont wie die wiedischen und saynischen Grafschaften sowie andere Territorien im Westerwaldraum. Generell kann ein Ansteigen der Verfolgungstätigkeit nach 1450 bis 1500, ein Nachlassen bis 1550, konzentrierte Hexenjagden mit außergewöhnlich hohen Opferzahlen zwischen 1580 und 1600, ein kurzes Aufflackern zwischen 1610 und 1615, wieder stärkere Verfolgungen um 1630, 1640 und 1650/60 sowie danach ein langsames Abebben der Hinrichtungen bis 1700 (für Kurtrier schon nach 1652 erreicht) beobachtet werden. Aufgrund vieler Aktenverluste können für die meisten Gebiete nur grobe Schätzungen über das tatsächliche Ausmaß der Hexenjagden gemacht werden. Im gesamten Herzogtum Lothringen fanden wohl mehr als 2.000 Menschen den Verbrennungstod, ähnlich hohe Hinrichtungszahlen müssen für das Herzogtum Luxemburg angenommen werden. In Kurtrier lassen sich für die Jahre zwischen 1487 und 1660 nur mehr etwa 800 Prozesse nachweisen, doch auch hier muss die Opferzahl deutlich höher gelegen haben, berichten doch die Zeitgenossen schon von Hunderten, die allein im Obererzstift gegen Ende des 16. Jahrhunderts hingerichtet worden sein sollen. Die gut dokumentierte Hexenverfolgung im Gebiet der Reichsabtei St. Maximin dagegen erlaubt wenigstens für die Jahre zwischen 1586 und 1596 eine recht präzise Angabe, hier wurden innerhalb von zehn Jahren fast 400 Menschen verbrannt, fast ebenso viele Opfer, wie die Hexenjagd während des 16./17. Jahrhunderts im gesamten Saarraum und in der lothringischen Bailliage d'Allemagne forderte (ca. 470 Hinrichtungen). Nicht weniger verheerend wütete die Hexenverfolgung in den Eifelherrschaften; allein in den Manderscheider Grafschaften Gerolstein, Blankenheim und Kail wurden zwischen 1528 und 1641 mindestens 260 Menschen hingerichtet.

0.2.Die Voraussetzungen: Dämonologische Vorstellungen und ihre Rezeption

Die Hexereivorstellungen, auf deren Grundlage die frühneuzeitlichen Verfolgungen stattfanden, unterscheiden sich grundlegend vom universalkulturellen Szenario der rituellen Zauberei bzw. Magie. Diese war eine Angelegenheit von Spezialisten, ihre Wirkmächtigkeit ein Resultat der Fähigkeit des jeweiligen Zauberers bzw. der Zauberin, mit natürlichen wie übernatürlichen Kräften zu kommunizieren. Hinter dem „Superverbrechen“ (Behringer) der Hexerei stand dagegen ein theologisch-moralisches bzw. dämonologisches Verführungskonzept: Menschen, deren Seelen durch sündhaftes Verhalten befleckt oder deren Widerstandskräfte durch körperliche Schwäche, Schicksalsschläge oder Melancholie (Depressionen) geschwächt waren, wurden angeblich zu Hexen und Hexenmeistern, weil sie den Verlockungen Satans zum Opfer fielen. Auch wenn der Dämon es grundsätzlich auf beide Geschlechter abgesehen hatte, so war man davon überzeugt, dass zumeist Frauen, die schon seit der Antike als schwache, leicht verführbare und sexuell unersättliche Wesen galten, in seine Fänge gerieten. Weiter glaubte man, der Teufel mache sich seine neuen Anhänger durch falsche Versprechungen gefügig und fordere dann völlige Unterwerfung von ihnen: Nach ritueller Abschwörung Gottes musste der Beitritt in die Verschwörung der Hexen und Hexenmeister und der Pakt mit dem Teufel besiegelt werden durch Aufkündigung des christlichen Taufbundes und durch die sog. Buhlschaft, den Geschlechtsverkehr mit dem Satan.Die auf diese Weise angeheuerten Teufelsbündner flogen der Vorstellung nach in großen Scharen auf Besen, Ofengabeln, schwarzen Böcken und Hunden zu ihren nächtlichen Gelagen, zu wilden Tänzen und Orgien auf den Hexensabbat. Dazu gehörte auch die demonstrative Unterwerfung unter satanische Herrschaft durch einen rituellen Kuss auf den After eines den Teufel repräsentierenden Tieres oder aber ein ähnliches Homagium an die Anführer, die so genannten Obersten der Hexengesellschaft. Einerseits zeigten die Sabbatbeschreibungen eine Umkehrung christlicher Festkultur, es fehlten Salz und Weißbrot, das Fleisch wurde roh verzehrt, schmeckte zäh und stammte nicht selten von Kadavern, der Wein musste zuvor aus Kellern gestohlen werden. Wie bei Dorffesten spielte man zum Tanz auf, doch klang die Musik unnatürlich und wurde auf Tierschädeln und anderen obskuren Instrumenten gemacht. Auch beim Tanz verleugnete man die gottgegebene Ordnung, man bewegte sich links- statt rechtsherum, tanzte mit den Rücken aneinander. Andererseits blieb die Alltagshierarchie aber auch auf dem Tanzplatz gewahrt, die Armen und Schwachen wurden von den Reichen und Mächtigen drangsaliert, mussten am Rande den Feiern zusehen und durften nicht an den gedeckten Tischen der Wohlhabenden Platz nehmen. Dagegen wurden sie oft als Sitzgelegenheit oder gar mit emporgestrecktem Hinterteil als Kerzenhalter missbraucht. Für sie war eben, wie eine Luxemburger Angeklagte treffend formulierte, weder auf dem Hexentanzplatz noch im Alltag jeden Tag Kirmes.

Der Hexensabbat war jedoch auch der Ort, wo die Hexengesellschaft ihren Verderben bringenden Schadenzauber ausheckten, um mit Hilfe von Unwettern und giftigen Zaubersalben Saat und Ernte, Mensch, Tier und alle Nachkommenschaft zu vernichten. Angeblich verursachten sie männliche Impotenz und weibliche Unfruchtbarkeit, töteten ungetaufte Säuglinge und gruben auf Friedhöfen Kinderleichen aus, um deren zu Asche verbrannten Körper oder ihre klein geschnittenen Herzen ihrer Zaubersalbe beizumischen, die allerdings erst durch die Beigabe einer gestohlenen Hostie ihre volle Wirksamkeit entfalten konnte. Manchmal auch in Tiergestalt, erschienen sie angeblich am Bett ihrer Nachbarn und Dorfgenossen, um sie im Schlaf zu erschrecken oder zu ersticken. In den Ställen schmierten sie dem Vieh giftige Zaubersalbe in den Hals oder auf den Rücken und verursachten auf diese Weise Krankheit und Tod. Auch ließen sie die Milch der Kühe versiegen. In Bächen und Teichen hockend, schlugen sie hinterrücks mit Ruten ins Wasser, um verheerende Hagelstürme und Unwetter hervorzurufen. Frost, Schnecken- und Raupenplagen wurden herbeigezaubert, um die Saat und die Früchte der Erde zu vernichten. Nur die Anrufung Gottes oder aber der Klang geweihter Glocken konnte dem Treiben des Hexensabbats ein Ende setzen.

Das dämonologische Hexereikonstrukt war Ergebnis einer Symbiose unterschiedlichster, bis in die Antike zurückreichender Vorstellungen von Schadenzauber und nächtlichen Flügen sowie Teufelspakttheorien, die bereits so berühmte Theologen wie Augustinus († 430) und Thomas von Aquin († 1274) entwickelt hatten. Die Verschmelzung der vielen disparaten Elemente erfolgte aber erst in den Köpfen von Inquisitoren und Theologen des späten Mittelalters, die dabei Geständnisse miteinbezogen, die seit dem 13. Jahrhundert bei Ketzerprozessen gegen Katharer und Waldenser erzielt worden waren. Hier fanden sich bereits erpresste Erzählungen über Flüge durch die Luft, Teufelsanbetungen, nächtliche orgiastische Zusammenkünfte, Huldigungsrituale an den bösen Geist und Kinderopfer. [Anm. 20] Auch Elemente antijüdischer Einstellungen und Vorurteile flossen ein in die Imaginationen über die neue Hexen-Ketzersekte, so zum Beispiel die Bezeichnung ‚Sabbat‘ oder ‚Synagoge‘ für den Hexentanz oder die Vorstellung vom Ritualmord an Säuglingen und kleinen Kindern. Propagandistisch und zur Selbstbestätigung verzerrt, beschworen die Berichte, wie sie besonders seit dem Baseler Konzil (1431-1447) kursierten, ein unglaubliches Bedrohungsszenario herauf, von dem zuerst die gelehrten Eliten und durch Vermittlungsinstanzen schnell auch die einfachen Menschen erfasst wurden. Schon in der Frühphase erster Hexenverfolgungen im Gebiet um den Genfer See, im Wallis, in Savoyen und der Dauphiné legitimierten sich theologische Konstrukte über die angeblich existierende Hexensekte und eine Prozesspraxis, in deren Rahmen eifrig nach solchen Verbrechern gegen Gottes Weltordnung geforscht wurde, gegenseitig: Das intensive Suchen und Erfragen 'erschuf' die Hexen gleichsam aus dem Nichts. Harmlose Zaubereibeschimpfungen konnten sich nun schnell in ein Hexereiverfahren wandeln, und die unter der Folter erpressten Geständnisse bestätigten die Phantasien der inquirierenden Gerichte. Außerdem lieferten die darin geschilderten Wetter- und Schadenzauber eine schlüssige Erklärung für real existierende Krisen und Notzeiten; denn schon die Menschen des 15. Jahrhunderts erlebten bereits eine erhebliche Klimaverschlechterung.

Ungemein hilfreich bei der Verbreitung des neuen Hexenglaubens war der Buchdruck. Schriften wie der Hexenhammer (Malleus maleficarum, 1486/87) des Dominikaners Heinrich Kramer, genannt Institoris († 1505) konnten nun in die Klosterbibliotheken, Universitäten, Gerichte, Amtsstuben, aber auch privaten Haushalte Europas wandern und – geschrieben in der universalen Gelehrtensprache Latein – von den gebildeten Kreisen rezipiert werden. Ein weiteres, eminent wichtiges Medium, über das der neue Hexenglaube besonders in die Köpfe einfacherer Menschen Einzug halten konnte, war die Predigt. Auch illustrierte Einblattdrucke und Flugschriften (so genannte Unholden-Zeitungen) sorgten für eine breite Zirkulation der Hexereikonstrukte. Pornographisch anmutende Hexendarstellungen erlebten gerade um 1500 einen regelrechten Boom. Als Vermittlerinstanzen wirkten Männer wie der wortgewaltige Prediger Johannes Geiler von Kaysersberg, der 1509 ausführliche Kanzelreden über Formen von Aberglauben, Magievorstellungen und Hexenfurcht hielt. [Anm. 21]

Als Rezipient wie auch als Vermittler der neuen Hexenlehre kann im Trierer Land konkret der Kanoniker Wilhelm von Bernkastel benannt werden, Chronist der Marienwunder, die im Umfeld des Klosters Eberhardsklausen in der Südeifel stattfanden. Obwohl bereits um 1440 die gelehrte Beschreibung der neuen Hexensekte weitgehend abgeschlossen war und bereits nach der Jahrhundertmitte zunehmende Verfolgungsaktivitäten feststellbar sind, standen einfache Kleriker wie Wilhelm zunächst noch gänzlich im Banne der traditionellen Lehren. Fußend auf dem so genannten Canon Episcopi verneinten die älteren Anschauungen die Möglichkeit von nächtlichen Flügen und bezeichneten sie als Irrglauben und als teuflische Vorspiegelung. Diese Meinung hatte die Kirche während der frühmittelalterlichen Heidenmission vertreten, um den Glauben an die Macht heidnischer Götter zu unterminieren. Noch 1315 war sie auf einer Provinzialsynode unter Erzbischof Balduin von Trier erneut verkündet worden, und in dieser autorisierten Form akzeptierte und glaubte sie noch Wilhelm von Bernkastel am Ende des 15. Jahrhunderts. Doch inzwischen waren die ersten gelehrten Abhandlungen zu einer neuen Erscheinung auf seinen Tisch gelangt: gedruckte Exemplare vom Formicarius des Dominikaners Johannes Nider (1437) und vom Malleus Maleficarum seines Ordensbruders Heinrich Institoris (1487). Hier wurden umstürzende Neuigkeiten berichtet. Ihren dämonologischen Botschaften zufolge musste man zwangsläufig den klassischen religionspädagogischen Standpunkt verlassen, der besagt hatte, jeglicher Glaube an übernatürliche Wirkungen sei nur teuflische Illusion. Stattdessen war nun die reale Existenz und Wirkmächtigkeit von Phänomenen anzunehmen, die man bis dahin für unmöglich gehalten hatte, weil sie im Widerspruch zur sichtbaren Natur standen. In genau dieser Weise beschrieb Wilhelm von Bernkastel sein 'Erweckungserlebnis', den Abschied von der alten Welt seiner Überzeugungen und den Eintritt in eine fürchterliche, von Hexen erfüllte Welt: „Ich gestehe, dass ich unwissend gewesen bin. Wer einen reichhaltigen Stoff lesen und wissen will, wie viel die Hexen auszurichten vermögen, wem sie auf welche Weise ... schaden, der lese das genannte Buch des Johann Nider ... Ich hatte es nicht gelesen, als ich anfing, über diese Dinge zu schreiben.“ Nach der Lektüre aber habe er erkannt, was Dämonen selbst gegen die Natur vermochtem und dass auch Hexen mit teuflischer Unterstützung mächtig seien. [Anm. 22]

Das in seiner Selbstreflexion seltene Zeugnis des Wilhelm von Bernkastel zeigt eindrucksvoll den Rezeptionsprozess, in dem eine neue Ideologie an die Stelle eines alten Lehrgebäudes trat. Es demonstriert überdies, wie kirchliche Funktionsträger an der Popularisierung des neuen Hexenglaubens mitwirkten. Denn in der Folge seines Wissenszuwachses nahm Wilhelm selbst an der theoriekonformen Veränderung der Wirklichkeit teil, lieferte ihm die Lektüre doch endlich ein Erklärungsmuster für die Krisen seiner Zeit. Seine neu gewonnene Erkenntnis gab er sicher an die zahlreichen Pilger weiter, die das Kloster Eberhardsklausen um 1500 besuchten und die Muttergottes um Heilung von Verhexungen anriefen. So führte der Besuch eines durch Intervention der Gnadenmuttergottes geheilten Mädchens aus dem luxemburgischen Dorf Medernach auch zur „Aufklärung“ der Umstände ihrer Erkrankung und der daran beteiligten Personen; denn nichts anderes als Hexerei konnte nach Wilhelms Meinung die Schuld an der Krankheit getragen haben. Vom Kloster aus fanden diese Informationen ihren Weg zurück in das Dorf und dem dort zuständigen Gericht. In der Folge kam es zu Verhaftung, Folterung und Verbrennung der verdächtigten Personen.

Sicher war Wilhelm nicht der einzige Kleriker, der sich geradezu enthusiastisch an der Warnung vor dem Verderben bringenden Treiben der Hexen und der Verbreitung der neuen Hexenlehre beteiligte. Niemand anderes als der Autor des Hexenhammers selbst, Heinrich Institoris, bemühte sich schon 1488 auf einer Reise durch das Moselland um 'Aufklärung' in seinem Sinne. So stellte er damals der Moselgemeinde Ediger einen 100tägigen Sündenablass dafür aus, dass die Einwohner in der Nähe ihres Dorfes ein Kreuz aufstellten und dort Schutzgebete vor dem Treiben der Hexen leisteten. [Anm. 23] Ohne anhaltende propagandistische Bemühungen der Verfolgungsbefürworter aus dem klerikalen Lager wären jene Verfolgungen, die mit 30 Hinrichtungen für das Amt Boppard in den Jahren 1492 bis 1494 belegt sind und die nach Wilhelms Bericht das Trierer Land 1497 heimsuchten, kaum denkbar; denn noch zeigten sich weltliche Gerichte dem neuen Delikt gegenüber skeptisch und abwartend. So vermerkte Wilhelm zornig, die weltliche Obrigkeit ginge oft noch zu nachlässig gegen die Verderben bringende neue Hexensekte vor. [Anm. 24]

Die Aktivitäten eines Wilhelm von Bernkastel zeigen, wie die gelehrten Vorstellungen von einer Hexenverschwörung aus der Diskursebene der alphabetisierten Kreise Eingang fanden in die Köpfe einfacher Menschen. Daneben waren Kleriker – darunter besonders die Jesuiten – auch als Beichtväter der verdächtigten Personen an den Hexereiverfahren des 16. und 17. Jahrhunderts beteiligt. Nicht selten scheinen sie es gewesen zu sein, die den durch Folter und Verhör schon geschwächten Willen der Inhaftierten schließlich doch brachen und sie zum Geständnis brachten, in dem sie ihnen die schrecklichen Höllenstrafen ausmalten, mit denen ein unbußfertiger, verstockter Sünder auf ewig gepeinigt werden würde. So soll der Trierer Domprediger und Jesuit Lukas Ellentz zwischen 1580 und 1607 über 200 Hexen im Trierer Land auf ihrem letzten Gang zum Scheiterhaufen begleitet haben. Überhaupt trugen die Trierer Jesuiten damals durch Predigten, Unterweisungen und Publikationen entscheidend dazu bei, dass sich Teufelsangst, Hexereigerüchte und der Ruf nach Verfolgung in der Stadt Trier geradezu tumultartig steigerten. [Anm. 25]

0.3.Verfolgungen als soziale Bewegung, Karrierefeld und Arena dörflicher Machtkämpfe

Die dämonologische Propaganda fand nicht zuletzt deshalb soviel Anklang, weil ihre Botschaft sich mit den verheerenden Lebensumständen jener Zeit deckte. Die Trierer Chronik hat im Rückblick die Auswirkungen, welche die Versorgungsnot am Ende des 16. Jahrhunderts auf die Hexenverfolgungen nahm, deutlich in ihrer gesellschaftlichen Dimension beschrieben: Im Glauben, die Hexen seien schuld an den Missernten, habe sich das ganze Land zu deren Ausrottung erhoben. [Anm. 26] Wie die Bevölkerung ihren Anteil an den Verfolgungen im einzelnen realisierte, beschreibt die Chronistik nur mit einem dürren Hinweis auf „ausgesuchten Ankläger“ (selecti accusatores), welche die ganze Diözese mit Tribunalen überzogen hätten. Tatsächlich handelte es sich dabei in der Hauptsache um Kläger, die von ihren Gemeinden eigens zum Zweck der Hexenjagd berufen worden waren. In einer Verteidigungsschrift für den wegen Hexerei angeklagten Bitburger Schöffen Johann Schweistal beschrieb der Verfasser 1606 vor dem Großen Rat in Mecheln ausführlich, wie Gemeinden im Erzbistum Trier und damit auch in Teilen des Herzogtums Luxemburg aus ihrer Mitte Männer bestimmt hätten, qu'ils trouvoient animez pour estre accusat[eu]rs/ et parties formelles contre lesd[its] soupconnez. Hier zeigt sich ein spezifischer Grundzug der Verfolgungen im Rhein-Maas-Moselraum, wie überhaupt im Westen Deutschlands das Prozessverlangen der Bevölkerung größeren Einfluss auf die Hexenverfolgungen genommen zu haben scheint als Verfolgungsinitiativen der Obrigkeit. Die Gemeinden in den Regionen von Eifel, Hunsrück und Westerwald, an Rhein, Mosel, Saar und Lahn beteiligten sich sogar mittels eigener Klagekonsortien bzw. Ausschüssen direkt an den Verfolgungen. [Anm. 27] Auch für eine größere Stadt wie Trier konnte inzwischen der Nachweis erbracht werden, dass dort ein solcher Hexenausschuss tätig war. [Anm. 28]

 

Ausschüsse sind ein schon aus der mittelalterlichen Zunftverfassung, der städtischen Verwaltung und der ständischen Organisation eines Territoriums bekanntes Instrument dauerhafter oder begrenzter Repräsentation gemeindlicher (Gruppen-)Interessen gegenüber der Stadt- oder Landesherrschaft. Zu nennen ist auch noch der „Landes-Ausschuss“, eine Miliz, die auf Geheiß der Obrigkeit von der ländlichen Bevölkerung in militärischen Notsituationen gebildet wurde. Im späten 18. Jahrhundert stellte Zedlers Universallexikon allerdings die vorrangige Bedeutung des Begriffes in den gemeindlichen Kontext: „Ausschuss, dieses Wort hat sehr vielerley Bedeutungen, überhaupt oder insgemein heisset es eine gewisse Anzahl ausgesonderter Personen, die im Namen der Gemeinde agiren.“ [Anm. 29]

Die Verfolgung vermeintlicher Hexen in einem bestimmten Gebiet konnte mit der Gründung eines gemeindlichen Klageausschusses beginnen. Bisweilen ging dem das Auftreten eines Einzelklägers voraus, der oft bereits mit Rückendeckung anderer, möglicherweise schon der ganzen Gemeinde tätig geworden war. Umgekehrt konnte das Fehlen solcher (finanzieller) Unterstützung dazu führen, dass eine private Klageerhebung ausblieb. [Anm. 30] Gerade weil eine Klage finanzielle Risiken in sich barg, waren Emotionen und Stimmung wichtig. Deine Fraw ist ein wissentliche zauberß, sie muß verprendt werden – mit diesem Geschrei forderte um 1592 Jakob Wendling seinen Bruder Thomas aus Strimmich öffentlich zum Handeln auf und beschwor die Eigeninitiative: Hatt Ihr kein holz zu Strimich/ ich will ein wagen holtz uff meinen kosten herführen/ das sie verbrent werde. [Anm. 31] Standen die Zeichen, insbesondere aufgrund der in benachbarten Territorien schon stattfindenden Prozesse und Hinrichtungen, ohnehin auf Hexenverfolgung, so genügte ein Funken, um die Stimmung in sofortiges Handeln umschlagen zu lassen. Ein solcher Vorfall konnte ein lokales Unwetter oder eine Katastrophe sein, wie sie die Winninger Winzer im Herbst 1640 erlebten, als das Ausmaß des Schädlingsbefalls in ihren Weinbergen unübersehbar wurde und ein Gemeindemitglied gleich vor der Gemeindeversammlung die schuldige „Hexe“ ausrief. Selbst ein individuelles Erlebnis konnte genügen, wie jener Alptraum, der im Jahr 1595 Jakob Daum aus Zilshausen veranlasste, in später Nacht schreiend und podelnackend auf die Gasse zu laufen, um der ganzen Gemeinde zu verkünden, sein Haus wehre gantz und gar voll zauberssen, von denen er auch etliche gleich konkret mit Namen angeben konnte. Noch in der gleichen Stunde schritt die durch den Aufruhr zusammengelaufene Gemeinde zur Tat und beschloss, einen Ausschuss einzusetzen und solch böß unkraut außzurotten. [Anm. 32] In ähnlich aufgebrachter Stimmung versammelten sich Bitburger Bürger um 1587/88 in ihrer Liebfrauenkirche, wo eine offenbar kämpferische Predigt des Pfarrers den letzten Anstoß dafür gegeben hatte, einen Ausschuss zu gründen. [Anm. 33]

Wenn in der tumultuarischen Stimmung solcher Versammlungen der Beschluss zur Hexenjagd gefallen war, kam es zum feierlichen Schwur. In Bitburg beschwor man die Gründung des Ausschusses mit allen dazugehörigen Verpflichtungen gleich am Altar der Kirche, ansonsten geschah dies wohl eher an den gewöhnlichen Versammlungsorten der Gemeinde: Per Handschlag ihrem Zender oder Schultheiß gegenüber, durch Berühren des Gerichtsstabes oder sogar mittels Griff an ein in den Tisch gestecktes Messer bekräftigten die männlichen Gemeindemitglieder, einen Ausschuss zur Verfolgung der Hexen einzusetzen und alle damit verbundenen Lasten solidarisch zu tragen. [Anm. 34]

Auch wenn die Bildung von Ausschüssen reguläres Element genossenschaftlicher Organisation war, entwickelten die Gemeinden zur Durchsetzung ihrer Verfolgungswünsche Aktionsformen, welche die Obrigkeiten vor beträchtliche Probleme stellten. Im kurtrierischen Amt Limburg drohten die Einwohner der Gemeinde Elz 1589 offen mit dem Auszug in benachbarte Herrschaftsgebiete, wenn der Kurfürst sich ihren Forderungen nach Prozessen verschließen würde. [Anm. 35] Im Hunsrück nahmen 1596 die Untertanen des dreiherrischen Beltheimer Gerichts die Erhebung der Weinverbrauchssteuer zum Anlass, die unwillige Herrschaft mit ihrer Forderung nach Hexenprozessen zu konfrontieren; sie demonstrierten dadurch, welche Gegenleistung sie für ihre Abgaben erwarteten. [Anm. 36] Im kurkölnischen Amt Nürburg, wo die Herrschaft durch Verpfändung an das gräfliche Haus von Arenberg gelangt war, bestürmten die Untertanen den arenbergischen Statthalter 1591-1593, ihnen bei der Hexenverfolgung freie Hand zu lassen. Zögerte der obrigkeitliche Amtsverwalter, folgte prompt ein neuer Vorstoß mit der Drohung, sich mittels Klage an den kölnischen Landesherrn zu wenden. [Anm. 37] In ähnlicher Weise spielten 1631 die Einwohner des sponheimischen Dorfes Winningen bei Koblenz ihre beiden Herren, den lutherischen Landesherren und den katholischen Mitregenten aus dem Haus Baden-Baden, gegeneinander aus, in dem sie auf den Verfolgungseifer der katholischen Nachbarn und auf Besagungen von Mitbewohnern in Prozessen der Umgebung hinwiesen. Unverholen warfen 1629 die Dierdorfer Untertanen des Grafen von Wied ihrem Fürsten seine bisherige Untätigkeit bei der Verfolgung vermeintlicher Hexen vor. [Anm. 38] Im kurtrierisch-nassauischen Amt Wehrheim inszenierten die Untertanen noch 1651 einen regelrechten Tumult zur Durchsetzung ihrer Prozesswünsche: 17 Hinrichtungen binnen eines Jahres waren die Folge. [Anm. 39] Die St. Maximiner Hexenausschüsse beschwerten sich um 1630 vehement bei ihrem Landesherrn, dem Abt von St. Maximin, über die ungewohnte Behinderung ihrer Prozesswünsche und forderten ihn kategorisch auf, die Verfahren zu beschleunigen und ihnen weiterhin die Aussagen der Geständigen mitzuteilen, was zumindest im Kurfürstentum Trier seit der Verordnung von 1591 aus guten Gründen verboten war. Um 1596 hatte sich die sponheimische Obrigkeit einer ähnlichen Forderung verweigert. Daraufhin scheuten sich die Beltheimer Untertanen nicht, ihren Herren in einer Eingabe geradezu schulmeisterlich den Sinn der bekannten Bibelstelle im Kapitel "Exodus" (die Zauberer sollst du nicht leben lassen) zu erklären und sie auf diese Weise an ihre Pflicht zur Verfolgung der Hexen zu erinnern. [Anm. 40]

Die Verkehrung der Rollen ist unübersehbar: Nicht die Obrigkeit forderte hier die Untertanen zu Verfolgungen auf, sondern es verhielt sich genau umgekehrt. Wie sehr Fürsten und landesherrliche Regierungen mittlerweile durch die Verbreitung der gelehrten Hexenlehre von der Bevölkerung in die Pflicht genommen wurden, verdeutlicht eine zeitgenössische Stimme aus Sachsen: Wo die Obrigkeit lässig sei, müsse das Volk antreiben und nach Kohlen und Feuer rufen. Nicht anders konnte man es zu Pfingsten 1590 im Dom zu Trier von der Kanzel hören, als der Jesuitenpater Macherentinus den Stadtoberen vorhielt, das Volk zürne ihnen wegen der allzu lässigen Betreibung der Hexenverfolgung - eine klarer Hinweis darauf, wie intensiv Geistliche und Prediger gegen die jeweilige weltliche Obrigkeit und für die öffentliche Pogromstimmung Partei ergreifen konnten. [Anm. 41] Bedrängt von den Prozesswünschen der Bevölkerung und den Jesuiten musste sich der Trierer Erzbischof Johann VII. von Schönenberg in seiner Eigenschaft als Landesherr gleichzeitig gegen die von den Hexenausschüssen betriebene Erosion seiner gerichtlichen Prärogativen stellen.Ein bestechend klares Bild dieser Situation liefert die Verordnung, die Johann am 18. Dezember 1591 zur Verteidigung des obrigkeitlichen Gerichtsmonopols erließ. Hilflos gab er darin zu erkennen, dass das laster der zauberey leider nicht durch ordentliche mittel außgerottet werde. Vielmehr hätten sich die Gemeinden durch Aufwiegler zusammen verschworen, sich zusammen rottirt und Beschlüsse gefasst, so genannte verbündnisse, die beinahe einem Auffruhr gleichkämen. [Anm. 42] Auf der Grundlage dieser Beschlüsse hätten die Gemeinden in grosser anzahl Inquisitions- und Klageausschüsse gebildet, die mit irem vilfaltigen ungestümmen umbleuffen ganze Landstriche tyrannisierten. [Anm. 43]

In ähnlicher Weise war bereits einige Monate zuvor in einer Ordonnanz des Provinzialrats das Treiben der Ausschüsse im benachbarten Herzogtum Luxemburg beschrieben worden, wobei die dort verwandten Begriffe complots oder monopoles deutlich die ablehnende Haltung erkennen lassen, die auf obrigkeitlicher Seite gegen diese Ausschussgründungen vorherrschte. Daran appellierte auch die Verteidigungsschrift des Bitburger Schöffen Johann Schweistal 1606, indem sie ausführte, dass Städte und Gemeinden nicht nur im Herzogtum Luxemburg, sondern im gesamten Erzbistum Trier sich ohne Erlaubnis der Obrigkeit verschworen und Hexenausschüsse gebildet hätten, um Menschen wegen angeblicher Hexerei verdächtigen, verfolgen und anklagen zu lassen. [Anm. 44]

Was aus obrigkeitlicher Sicht diffamierend als verbündniss oder als complot bzw. conféderation bezeichnet wurde, waren jene innergemeindlich beschworenen Abmachungen, deren wichtigste nichts weniger bedeutete als die Außerkraftsetzung des Reichsrechts: Laut dem von der Carolina sanktionierten akkusatorischen Verfahren haftete nämlich ein Privatkläger – und damit auch der als Klagekonsortium auftretende Ausschuss – mit seinem Vermögen für die Prozesskosten, falls die von ihm bezichtigte Person wieder freigelassen werden sollte. Außerdem musste allein er die Kosten der außergerichtlichen Beweissammlung, der Beibringung von Zeugen und Indizien vorlegen. Diese Auslagen wurden ihm erst nach einem Schuldspruch über die Prozesskostenrechnung erstattet. Mit den Verbündnissen umgingen die Dorfgenossen jedoch diese Bestimmung, indem sie verabredeten, dass auch diejenigen aus ihrer Mitte, die wegen angeblicher Hexerei inhaftiert, aber ungeständig freigelassen werden würden, zur Zahlung der Prozesskosten verpflichtet sein sollten. Grundsätzlich stand die ganze Gemeinde in der Verantwortung für jene Kosten, die durch die Aktivitäten ihres Ausschusses entstanden und nicht aus dem Vermögen der Verhafteten gedeckt werden konnten. Ohne solche Rückendeckung („Schadloshaltung“) unternahm kein Ausschuss eine Aktion im Rahmen der Hexenjagd. Doch mit der im Verbündnis beschworenen Sonderregelung hebelte man die reichs- und gemeinrechtlich Anklägerhaftung aus und bürdete sie eigenmächtig den wegen Hexerei Inhaftierten auf. Eine weitere Abmachung konnte darin bestehen, aus dem Vermögen der ersten hingerichteten Person ein Gelage für die ganze Gemeinde zu bezahlen. Im Verbündnis wurde ebenfalls die Vorfinanzierung der Prozesse geregelt. Bis die Prozesskosten durch den Abschluss des Verfahrens aus dem Vermögen der Hingerichteten eingefordert werden konnten, traten bisweilen die Gemeindemitglieder auf dem Wege einer regelrechten Umlage („Hexengeld“ oder Hexensteuer) in Vorleistung. [Anm. 45]

Im Herzogtum Luxemburg nahm der Provinzialrat die bei den Verfolgungen eingetretenen Eigenmächtigkeiten von Gemeinden und Gerichtspersonal zum Anlass, bereits am 6. April 1591 eine Ordonnanz zu erlassen. Ausdrücklich verbot diese jede Form von Monopolen, Ausschüssen oder Formalklägern, die sich finanzieller Absprachen bedienten. Das Verbot war kategorisch gemeint; 1623 wurde sogar ein generelles Verbot von heimlichen Absprachen zur finanziellen Absicherung von Privatklägern und von Monopolen in die erstmals kodifizierten und gedruckten „Landesbräuche“ aufgenommen. [Anm. 46] Gleichwohl wurde es auf vielfältige Weise umgangen. So benutzten die Gemeinden regelrechte Strohmänner als scheinbar private Formalkläger, deren Eid, dass sie ohne ein hinter ihnen stehendes Komplott aufträten, eben nur ein Lippenbekenntnis war. [Anm. 47] Und unter dem Schutz von Hochgerichtsherren, die sich gegen jede Beeinträchtigung ihrer Rechte durch die Zentralregierung sträubten, konnten Gemeinden sogar ganz offen weiterhin Ausschüsse einsetzen. [Anm. 48] Noch weniger Erfolg war der Verordnung beschieden, mit der Kurfürst Johann VII. im Dezember des gleichen Jahres 1591 der luxemburgischen Maßnahme folgte: Zwar reagierte er auf die ‚wilde‘ Hexenjagd seiner Gemeinden mit der Verfügung, dass hienfüro dergleichen Zusammen Rottierungen, uffrurische Verbundnusse und Ausschuss abgeschaft werden. Doch Johann wollte offenbar nur die Erosion seiner landesherrlichen Prärogativen aufhalten und durchaus nicht auf die Mithilfe der Untertanen bei der Hexenjagd verzichten, solange diese in geordneten Bahnen verlief. So räumte seine Verordnung den Gemeinden ausdrücklich das Recht ein, zur Klageführung gegen Hexen auch weiterhin dazu deputierter Personen aus ihrer Mitte zu gebrauchen, die allerdings nun in Kooperation mit der Obrigkeit tätig werden sollten. [Anm. 49]

Tatsächlich war dies der einzige Punkt, den die Gemeinden in der Folgezeit im großen und ganzen aus gutem Grund beachteten, wenn die Obrigkeit darauf Wert legte. [Anm. 50] Indem sie die von ihnen eingesetzten Ausschüsse den lokalen Beamten zur Genehmigung und Vereidigung präsentierten, konnten sie umgekehrt deren Unterstützung im gesamten Prozess erwarten. Die Aussicht auf einen ‚erfolgreichen‘ Prozessabschluss, d. h. die Hinrichtung der Angeklagten, stieg damit beträchtlich, das Risiko einer Freilassung mit der dann anstehenden Kostenfrage sank entsprechend. Dabei konnten die Ausschussmitglieder auch darauf setzen, dass die Beamten die dem Reichsrecht widersprechende Aushebelung der Anklägerhaftung mittragen würden, zumal die Obrigkeit ausgesprochen daran interessiert war, durch die gemeindliche Haftung selbst von jeglicher finanzieller Verantwortung entbunden zu sein.

Als dominierender Träger der Verfolgungen existierten die Ausschüsse in Kurtrier auch deshalb weiter, weil die lokalen Beamte sich in der Regel nie das zur Aufgabe machten, was Johann VII. in seiner Gerichtsordnung ausdrücklich gefordert hatte: Offizialprozesse zu führen. Dieser Sachverhalt verweist auf Defizite der Herrschaftsorganisation und auf das Bemühen verfolgungswilliger Beamten, die Gerichtskassen von unnötigen Ausgaben freizuhalten und die Ausschüsse im wahrsten Wortsinn laufen zu lassen. Der Vogt des bei Koblenz gelegenen Dorfes Winningen hat diese Form der Zusammenarbeit treffend mit dem Bild eines Jägers und seiner Hunde illustriert. Und weil, so urteilte er in einer Situation, als den dörflichen Hexenjägern aus der Bevölkerung heftiger Widerstand entgegenprallte, mit unwilligen Hunden bös jagen ist, müsse die Obrigkeit den Ausschüssen noch mehr Unterstützung zubilligen. [Anm. 51]

Tatsächlich hatten lokale Beamte nur Vorteile davon, die Ausschüsse als regelrechte private Klagekonsortien anzuerkennen und damit ihnen die Sammlung von Indizien, die Vorlage von Klageschriften, ja selbst Verhaftung und Bewachung zu überlassen. Diese lästige und kostenintensive Arbeit wurde auf diese Weise den obrigkeitlichen Funktionsträgern und Bütteln abgenommen. Dafür erhielten die Ausschüsse vielfältige offizielle Unterstützung in Form von Empfehlungsschreiben für Nachforschungen an auswärtigen Prozessorten, bei Entscheidungen über die Berechtigung von Anklagen und insbesondere beim Eintreiben der Prozesskosten. Die Landesherren bzw. ihre Kanzleien akzeptierten diese Zusammenarbeit, solange sie aus den Berichten der Amtmänner den Eindruck gewannen, dass die grundsätzlichen rechtlichen Anforderungen erfüllt würden. Was sie übersahen oder vielleicht gern ignorierten war, dass durch die Interessenkoalition der verfolgungswilligen Lokalbeamten mit den gemeindlichen Hexenausschüssen das Verfahren und damit auch die an die Oberhöfe zur Begutachtung übersandten Prozessprotokolle zu Ungunsten der Angeklagten angelegt waren. Auf der Grundlage solcherart geschönter Aktenlage stellte sich eine beträchtliche Autonomie des lokalen Milieus und ein erheblicher Kontrollverlust der Landesregierungen zugunsten lokaler Beamte und dörflicher Verfolger ein. Indem Ausschussmitglieder beim Verhör der Zeugen anwesend waren und sogar die Angeklagten bewachen durften, erhielten sie großen Einfluss auf die Gestaltung der Beweislast. [Anm. 52]

Wesentlichen Rückhalt fand diese Entwicklung paradoxerweise in der Mitarbeit von Rechtsgelehrten und Notaren. Auf Wunsch der Landesregierungen sollten die einen die Verfahren als unparteiliche Gutachter begleiten, die anderen sie als unparteiliche Protokollanten dokumentieren. [Anm. 53] Tatsächlich aber agierten diese bürgerlichen Fachleute im Grunde immer zum Nachteil der Angeklagten. Dies lag schon im Verfahrensweg begründet: Da den Ausschüssen das Sammeln von belastendem Material und das Vorbringen der Klage überlassen blieb, mussten sie sich im Vorfeld einer förmlichen Prozesseröffnung an Notare und Juristen wenden, um sich von den einen die erforderlichen rechtsrelevanten Schriftsätze anfertigen zu lassen und sich mit den anderen über die Erfolgschancen ihrer Anklage zu beraten. Schon die Anwerbung dieser Fachleute lag bisweilen völlig in den Händen der Ausschussmitglieder. Der Winninger Ausschuss notierte dazu in einer seiner vielen Abrechnungen: Anno 1642, den 16. [sc. 26.] Augusti/ sind Hanß Kröber und Hanß Sopp zu Coblentz bei Dr. Breitenbach gewesen und ihnen angesprochen/ ob er ihnen dhienen wolte. [Anm. 54] Noch stärker als die Juristen waren die Notare [Anm. 55] auf Seiten der Ausschüsse involviert, weil sie ihnen nicht nur die Klageschriften schrieben, sondern in der Folge auch zum Protokollieren der Zeugenverhöre hinzugezogen werden konnten. Außerdem verfügten sie in ihren Kanzleien über Verhör- und Geständnisprotokolle anderer Prozesse und damit über die fast wichtigste Information, über die Namen derer, die als vermeintliche Komplizen unter der Folter genannte worden waren. Über einen solchen Besuch beim Koblenzer Notar Philipp Küntzer heißt es in der Winninger Ausschussrechnung: Bei herrn Küntzer gewesen/ das er uns 2 besagungen herausgegeben, ihm verehrt 1 reichtsthaler. [Anm. 56] Die Notare der Region und die an Prozessorten tätigen Amtmänner wurden zu gern besuchten Anlaufstellen für alle interessierten Ausschüsse, die dazu, unterstützt mit Empfehlungsschreiben und compaß-Briefen der Amtleute, eine ausgedehnte Reisetätigkeit entfalteten. [Anm. 57]

Beide Seiten waren dabei an einer 'guten' Beziehung interessiert; denn solange die Prozesse für die Ausschüsse ‚erfolgreich‘ liefen, solange waren auch die Auftragsbücher der juristischen Fachleute gut gefüllt. In vorausschauender Erwartung großer Nachfrage legte der Koblenzer Notar Antonius Ludovici aus seinem Material eine förmliche Sammlung von Besagungen an, geordnet nach Orten, um bei Anfragen von dort sofort geeignete Maßnahmen und Namen vorschlagen zu können. Es war eine lohnende Investition, weil sie dem Notar die Möglichkeit verschaffte, sich selbst als "kundigen" Fachmann für die daraus entstehenden Prozesse einzubringen. Dies gelang ihm nachweislich im Verlauf von nur wenigen Jahren in über 60 Fällen. Ganz ähnlich verhält es sich mit den kommissarisch beteiligten Juristen: Das Itinerar des Dr. Johannes Moeden, gebürtiger Koblenzer und Absolvent der Universität Würzburg, ist eine einzige Blutspur, die sich ab 1627 in den Manderscheider Grafschaften der nördlichen Eifel und damit im Umfeld der nun ausbrechenden Kölner Hexenverfolgung, über Prozesse der Jahre 1645-1647 im kurkölnischen Rhens bis zum Ende der 1650er Jahre im Raum Koblenz verfolgen lässt. Ähnliches gilt für den kurkölnischen Kommissar Franz Buirmann. [Anm. 58]

Zur Erfolgsstrategie dieser Fachleute gehörte nachweislich auch die blanke Manipulation. Für den oben erwähnten Notar Ludovici lässt sich die ‚redaktionelle‘ Bearbeitung der Zeugenaussagen im Detail nachweisen. Ein anderer Koblenzer Notar betrieb diese Manipulationen bis zu dem Punkt, wo er den Geständnisprotokollen noch eigenmächtig Namen von Personen als Komplizen hinzufügte, die er oder andere ebenfalls angeklagt wissen wollten. Der zeitgenössische Trierer Chronist hat daher völlig zu Recht das Prozesspersonal als eine der Kräfte beschrieben, welche die Verfolgungen angetrieben hätten: "Diese Bewegung unterstützten viele Amtspersonen, die sich aus den Verbrennungen dieser Art Gold und Reichtum erhofften. Daher traten in der ganzen Diözese, in Städten und Dörfern, bei den Gerichtshöfen ausgesuchte Ankläger auf, Untersuchungsrichter, Gerichtsboten und Schöffen, Richter und Henkersknechte, die Menschen beiderlei Geschlechts vor Gericht und zum Verhör schleppten und in großer Zahl verbrannten... Inzwischen wurden die Notare, Schreiber und Schankwirte reich. Der Scharfrichter ritt auf einem edlen Pferd einher wie ein vornehmer Hofmann, in Gold und Silber gekleidet. Sein Weib wetteiferte im Kleiderluxus mit den Adligen". [Anm. 59]

Zum hier geschilderten Interesse an materiellen Vorteilen und der Vermehrung von Ansehen kam schließlich das politische Geltungsinteresse des Landadels, aus dessen Reihen die meisten Amtleute stammten und die daneben eigene Herrschaften besaßen, deren Eigenständigkeit sie eifersüchtig gegenüber den Bestrebungen einer ausgreifenden Landesherrschaft zu verteidigen oder auszudehnen suchten. [Anm. 60] So verfolgten im Territorium der Reichsabtei St. Maximin Abt Reiner Biewer und sein Oberschultheiß und späterer Amtmann Claudius Musiel mit der Hexenverfolgung der Jahre 1586-1596 eine ganze Reihe von persönlichen Interessen: der machthungrige und prachtliebende Abt die Verteidigung maximinischer Hochgerichtsrechte gegenüber Kurtrier, Musiel seinen Aufstieg in der Ämterhierarchie und den Ausbau seines Familienbesitzes. [Anm. 61] Es verwundert daher nicht, dass die Ausschüsse hier während jener ersten Verfolgungsphase aufgrund obrigkeitlicher Protektion und Zusammenarbeit mit den lokalen Amtsträgern regelrecht institutionalisiert wurden. Durch die enge Interessenverflechtung zwischen Abt, Gerichtsbeamten, Notaren und Klagekonsortien entstand ein auf der Prozessebene nahezu abgeschlossenes Verfolgungsmilieu, in dem die einmal inhaftierten Verdächtigen keine Chance auf Entkommen hatten.

Aus allen diesen Gründen dominierten die Ausschüsse weiterhin das Verfolgungsgeschehen und ließen sich trotz wiederholter obrigkeitlicher Normierungsversuche alle damit verbundenen Rechtsprobleme nicht beseitigen. [Anm. 62] Die oft kaum verdeckte, oft auch offene Unterstützung durch Hochgerichtsherren und Beamte, durch Juristen und Notare, ist einer der Hauptgründe für die Abschottung lokaler Verfolgungsmilieus gegenüber allen zentralherrschaftlichen Interventionsversuchen; deshalb konnte auch die in mehreren Territorien vorgeschriebene Aktenversendung an zentrale Gutachter nicht in dem erwünschten Maße greifen. Der Luxemburger Provinzialrat hatte diesen neuralgischen Punkt durchaus im Blick, als er 1605 den Notaren verbot, sich von gedungenen Formalklägern, Strohmännern für Monopole oder von ebenso verbotenen Ausschüssen anheuern zu lassen. In der Praxis stieß aber auch diese Regelung auf nur zögernde Umsetzung. [Anm. 63]

Innerhalb der dörflichen Gesellschaft konnte die Hexenjagd einem Ausschuss zu außerordentlicher Machtentfaltung jenseits der traditionellen Einflussmöglichkeiten verhelfen. Der Winninger Hofmann Veit Geilen soll daher zwei Mitglieder des dortigen Ausschusses eindringlich gebeten haben, ihm dafür, dass er sie bei einem Unwetter über dem Mosel setzte, eine entsprechende Gegenleistung nicht zu verwehren: ich thue euch den gefallen, wans ein mahl ahn ihme wurde kommen, so wollten sie ihme auch gnedig sein. [Anm. 64] Schon die Einsetzung eines Ausschusses war, wenn seine Mitgliedschaft auf Freiwilligkeit beruhte, ein Akt der Machtinszenierung. [Anm. 65] In der tumultuarischen Atmosphäre einer zum Kampf gegen die Hexen eingeschworenen Gemeindeversammlung wurde nicht das Für und Wider diskutiert, sondern Stimmung erzeugt und artikuliert, die jeden, der gegen das nun beschlossene verbündnis war, in gefährlicher Weise ausgrenzte. Dies bezeugt der später angeklagte Friedrich Mölich aus Winningen: Dass kein ehrlicher mahn auß gefahr sich in grossen verdacht und offentlicheß geschrey bey dem pöpell zu setzten, demselben [Verbündnis] nicht widersprechen darf... daher dan solche tumultuaria pacta in den benachbarten orthen... ohngeachtet dass dergleichen nichtige verbundnuß daselbst unter den gemeindten vorhanden/ nicht observirt... werden. [Anm. 66] Ähnliches hören wir schon in Zusammenhang mit der Bildung eines ersten Ausschusses in Luxemburg 1564: Ein gewisser Jakob aus Hagen in der Herrschaft Elter (Autel) habe einen förmlichen ufrur gemacht, ein staf ufgericht, die untertanen gezwongen daran zu greifen. [Anm. 67]

Wie gefährlich Opposition gegen die Ausschusstätigkeit war, musste der alte Schöffe Jonas Lentzen aus Macken im Hunsrück erfahren. Mit beißender Kritik und regelrechtem Spott hatte er 1652 die Mitglieder eines neu eingesetzten Ausschusses überzogen, nachzulesen in der Anklageschrift eines prompt darauf gegen ihn durchgeführten Hexereiverfahrens, das 1653 mit seiner Hinrichtung endete. Nicht anders war es 1587 einem offenbar sehr kritischen Geist aus Pellingen bei Trier ergangen, Stephan Schneider, der sich über seine Dorfgenossen wegen ihres Glaubens an die Macht des Glockenläutens gegen die von Hexen angezettelten Unwetter lustig gemacht hatte. Obwohl er per Handschlag die Zustimmung zur Einsetzung eines Ausschusses gab, vermeinten die anderen Gemeindemitglieder zu spüren, dass er gewaltiglich dargegen gewesen sei. Kein Wunder, dass er ebenso ein Opfer der Verfolgung wurde, wie jener Mann im benachbarten Amt Grimburg, der 1627 die ihm angetragene Mitgliedschaft im Ausschuss nicht übernehmen wollte, da er grundsätzlich gegen die Verfolgung eingestellt war. [Anm. 68] Nicht selten entwickelte sich Widerstand gegen das Treiben der Ausschüsse auch wegen deren ständigen Geldforderungen an die Gemeinde; immerhin verbrachten die Hexenjäger viel Zeit in Wirtshäusern, den Informationsbörsen jener Zeit, um Verdächtigungen, Gerüchte und Besagungen auszutauschen. [Anm. 69]

Die Tätigkeit der Ausschüsse veränderte zwangsläufig die Lage im Dorf. Zum einen trugen sie und ihre Familienmitglieder durch Preisgabe von Prozessinformationen jede Menge neuen Zündstoff in das Dorf. Zum anderen war in ihrer Person war auch eine Stelle präsent, wo die Dorfgenossen Zauberverdächtigungen gegen ihre Nachbarn und Verwandten abgeben konnten. Gerücht und Denunziationspraxis bedingten sich dabei gegenseitig. So gab ein Zeuge zu Protokoll, daß er es bey den außschussen ahngepracht, habe veruhrsachet, weillen er eußerlich vernohmen, dass mahn gegen die beklagte inquiriret habe. [Anm. 70] Der Ausschuss des Amtes Kastellaun legte infolge solcher Rückmeldungen eine regelrechte Sammlung von Indizien an. [Anm. 71] Die St. Maximiner Ausschüsse führten außerdem Besagungslisten, die sie in ihren Familien tradierten, so dass auch von dieser Seite immer wieder Namen für neue Hexenprozesse gefunden werden konnten. Ein Eintrag in der Rechnung des Winninger Ausschusses von 1642 beleuchtet weitere Aktivitäten der dörflichen Hexenjäger: Seindt wir beide umbher gangen und nach zeugen gefragt und auch bekommen. [Anm. 72] Aber nicht alle, die einen vermeintlichen Hexenschaden erlitten hatten, meldeten sich. Peter Mölich begründete seine mangelnde Anzeigebereitschaft: Er wisse keinen zu nennen, der ihm dies angetan haben sollte. [Anm. 73] Umgekehrt gab eine Zeugin an, sie habe sich mit ihrer Beschuldigung gemeldet, weil sie von den Ermittlungen des Ausschusses gehört hatte, und weil dies sich dadurch eine hervorragende Gelegenheit bot, eine alte Rechnung mit der von ihr bezichtigten Person zu begleichen. Dieser Ausbruch von Ehrlichkeit wurde anschließend im Protokoll gestrichen: da habe sie gesagt, Gott wolle/ dass es nur fort ginge, so mögte auch eine darzu kommen, so mich belädiget. [Anm. 74]

Wer die Problematik des dörflichen Zusammenlebens unter frühneuzeitlichen Bedingungen kennt, insbesondere unter den krisenhaften Belastungen des späten 16. und 17. Jahrhunderts, den wird das Ausmaß, in dem privater Konfliktstoff Hexereibeschuldigungen nach sich zog bzw. durch Anzeigen und Zeugenaussagen in Hexenprozesse hineingetragen wurde, nicht erstaunen. [Anm. 75] Selbstverständlich gab es auch die ‚magisch‘ konstruierten Tatszenarien, denen zufolge die Angeklagten als letzte Personen ein Kind, einen Erwachsenen, ein Tier angefasst oder ihm zu essen gegeben hatten, bevor dann stracks druff eine schwere Erkrankung und in den meisten Fällen dann auch der Tod eintrat. Daneben existierte aber das Szenario, in dem nichts anderes als profaner Streit Hexereibeschuldigungen ausgelöst hatte. So resultierte die Anschuldigung, die Claus Baur aus Panzweiler gegen Maria Collmes vorbrachte, letztlich daraus, dass sie ihm in anno [1]634 einer streifenter schwedischer partey... trey pferdt verrathen habe. Ohne Scheu offenbarte auch Simon Miesemer aus Winningen, warum er als Zeuge am Prozess gegen Katharina Friedrich teilnahm: Deren Mann hatte ihn als Mitbewerber um eine Pachtung ausgestochen. Daraufhin hatte Simon ihm auf der Straße zugerufen, er solle die strittigen Güter fleißlich bawen, seine frawen würde noch uff der heyden verbrandt werden. [Anm. 76] Direkt aus einem Streit resultierte auch der Hexereivorwurf, den Niklas Fey gegen die Witwe Catharina Franzen äußerte: Weil sich beide nicht einigen konnten, wer in der gemeinsam zu nutzenden Mühle den Vorrang beim Mahlen hatte, gerieten sie mit worten ahn einander, wobei Fey dann schnell zu dem nicht mehr zu überbietenden Vorwurf griff: ihro fürgeworffen/ er von andern leuten gehört habe/ sie ein hex und zaubersche seye. Unter der Wucht dieser Anschuldigung räumte die so Beschuldigte stilschweigendt den Platz. [Anm. 77]

Praktisch jede soziale Konfliktlage konnte in einem Hexereivorwurf artikuliert werden; zumal entsprechende Gerüchte immer schon eine Vielzahl von Personen umgaben. Außerdem war das gesamte Konzept von Hexerei so weit gefasst, dass schon geringfügige Auffälligkeiten und Anstößigkeit als Anzeichen für die Zugehörigkeit zur teuflischen Sekte gewertet werden konnten. Die besonders in evangelischen Gemeinden streng gehandhabte Kirchenzucht lieferte mit ihrer Kontrolle des sittlich-moralische Lebenswandel weiteres Material für Hexereiverdacht. So lässt sich gerade in Winningen, das aufgrund seiner prekären Lage inmitten des katholischen Kurtriers dazu ausersehen war, sich als Vorhut des Luthertums zu erweisen, feststellen, dass ‚ungebührlich‘ erscheinendes Verhalten in hohem Maße in Hexereianklagen einfloss. Ähnliches ist auch in katholischen Gemeinden nachzuweisen, wo die Sendschöffen über eine korrekte Lebensführung wachten. [Anm. 78] Ein Musterbeispiel für die enorme „Plastizität“ des Hexereivorwurfs (Walz) ist schließlich der Fall des Hofmannes von Eveshausen im Hunsrück, gegen den kein einziges klassisches Hexereiindiz, sondern nur Aussagen vorgebracht wurden, die sein aggressives Wirtschaftsgebaren in Konkurrenz zu den anderen Dorfgenossen thematisierten. Hexen galten als „böse Leute“, als Menschen mit schädlichen Absichten. Mithilfe dieser moralischen Konnotation des dämonologischen Hexereibegriffs ließ sich auch Gewinnstreben als Schuldbeweis und Indiz für Hexerei werten. [Anm. 79]

Ausschüsse, die Beschuldigungen und Verdächtigungen sammelten, transportierten die zahlreichen latenten und akuten Alltagskonflikte auf die Ebene des Blutgerichts – mit meist tödlichem Ausgang für die Angeklagten, konnten doch nur wenige die Folter ungeständig ertragen und damit ihre Freilassung erzwingen. Vor diesem Hintergrund erschließen sich auch Gründe dafür, warum Frauen bevorzugt Opfer solcher Anklagen wurden: weil sie eigentlich Opfer von Konflikten unter Familien sowie mit männlichen Konkurrenten wurden, wie die angeführten Beispiel zeigten. Im Gefolge der Ausschüsse formierten sich darüber hinaus die bestehenden dörflichen Großparteien, um eine neue Runde beim Austragen alter Konflikte einzuläuten. Zwangsläufig standen in dieser Konstellation den Hexenjägern und ihren Anhängern diejenigen gegenüber, die auch in anderen, familiären, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungsgeflechten ihre Kontrahenten waren. Da sich Gruppenkonflikte in der Regel auch zwischen der dörflichen Oberschicht und der zweiten nachgeordneten, aber nach oben drängenden Riege abspielten, war entscheidend, wer von beiden das Mandat zur Hexenjagd erhalten konnte und wollte. Tatsächlich legen die Ergebnisse von Mikrostudien den Befund nahe, dass die dörfliche Elite immer dann zum bevorzugten Ziel einer Hexenjagd wurde, wenn es ihr nicht gelang, diese durch Entsendung eigener Leute in die Ausschüsse von Anfang an mitzubestimmen. [Anm. 80] Umgekehrt bot die Einsetzung eines Ausschusses für diejenigen, die von den gemeindlichen Führungspositionen bislang ausgeschlossen waren, eine einmalige Gelegenheit, an der alten Garnitur vorbeizuziehen. [Anm. 81] Für einzelne Mitglieder der Ausschüsse von Winningen und Kastellaun ist der Aufstieg zum Schöffenamt auf diesem Weg nachzuweisen. Dem entspricht, dass auf der anderen Seite die Gruppe der Schöffen- und Hofmännerfamilien die verhältnismäßig meisten Opfer zu verzeichnen hatten. Die Mitglieder des Ausschusses von Rhens am Rhein wurde nachgesagt, sie hätten – offenbar im Hochgefühl ihres Triumphes über die alteingesessene Führungsschicht im Ort – verlauten lassen, sie wollten etliche reiche weiber gefencklich in hafftung... nehmen. [Anm. 82] Solche Motive waren Gegenstand eines öffentlichen Diskurses. Der Winninger Hofmann Hans-Wilhelm Mölich, der später zum prominentesten Opfer des örtlichen Ausschusses werden sollte, aber erst nach zähem Ringen überwunden werden konnte, sagte gegenüber einem Mitglied dieses Gremiums schon Jahre vorher offen aus, was wohl viele dachten: Und Ihr Ausschuss vermeint, wollet die gueter zu Winningen alle. [Anm. 83]

Die Ausschüsse bildeten gleichwohl keine homogene Gemeinschaft, welche ihre Mitglieder – und deren Frauen - immer und überall gegen die Folgen ihres Handelns geschützt hätte. So gerieten im Territorium der Reichsabtei St. Maximin und im Herzogtum Luxemburg einige der Ausschuss- und Monopolmitglieder sowie Formalkläger, möglicherweise wegen ihrer Teilnahme am Verfolgungsgeschehen, später auch selbst in Hexenprozesse, die mit ihrer Hinrichtung endeten. Ganz offensichtlich konnten sich die sozialen Allianzen, die einen Ausschuss trugen, zum Nachteil eines ihrer Mitglieder ändern. Schließlich konnte die Ausschusstätigkeit dann sehr belastend sein, wenn dieses Amt nicht freiwillig, sondern verpflichtend vergeben wurde. [Anm. 84]

Ein besonders grelles Beispiel für eine ‚von unten‘ kontrollierte Hexenverfolgung, welche vorübergehend die bestehende Sozialordnung umkehrte, liefern die Vorgänge in Cochem an der Mosel: Dort beruhte die Einsetzung eines Ausschusses Anfang der 1590er Jahre auf einem regelrechten Aufstand der bäuerlich-handwerklichen Bevölkerung gegen die führende Kaufmannschicht im Rat. Der Ausschuss setzte den Rat faktisch ab, indem er sich selbst im Rathaus niederließ, einen eigenen Schreiber und einen eigenen Boten ernannte. Die Ratsherren waren wie paralysiert, da sich die Verfolgung rasch gegen ihre eigenen Frauen richtete. Dabei nahm die Hexenjagd pogromartigen Formen an, welche die Umkehrung der Machtverhältnisse deutlich erkennen lassen: Auf der Straße wurden verdächtigen Frauen von den selbsternannten Hexenjägern der Schleier vom Kopf gerissen und der Hexereivorwurf ins Gesicht geschrieen - nach den damaligen Wertesystem hatte dies den völligen Ehrverlust für die Frauen zur Folge. Bei Verhaftungen drangen die Ausschussgruppe bewaffnet in die Häuser ein und zerrten die Frauen an den Haaren durch die Straßen zur Burg, von den grässlichen Foltern, denen die Angeklagten unterzogen wurden, gar nicht zu sprechen. Bei alledem machte der Vogt gemeinsame Sache mit den neuen Herren, während der kurfürstliche Amtmann über weite Strecken durch Abwesenheit glänzte. Diese Vorkommnisse verstießen gegen sämtliche Anordnungen der erst kurz zuvor erlassenen kurfürstlichen Hexenprozessordnung vom Dezember 1591. Erst als es einem der Betroffenen gelang, über seinen Sohn, der als Jurist in der Kanzlei des Kurfürsten in Trier arbeitete, einen Hilferuf an übergeordnete Instanzen zu senden, wurde man dort aufmerksam. [Anm. 85]

0.4.Hexenverfolgungen im Kontext von Herrschaftsinteresse und obrigkeitlicher Funktionalisierung

[Anm. 86] Für jede Obrigkeit, geistliche oder weltliche, musste es oberste Pflicht sein, das Laster der Zauberei zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Allgemeinheit zu verfolgen, beschwor doch nach Ansicht der Dämonologen wie des einfachen Volkes schon die bloße Existenz und Duldung von Hexen und Hexenmeistern den Zorn Gottes auf diejenigen herab, denen ihre gründliche Ausmerzung nicht gelingen wollte. Weder die großen Landesfürsten in Lothringen und Kurtrier noch die luxemburgische Provinzialregierung noch der Reichsabt von St. Maximin oder andere Herren, die lediglich in einer kleinen Herrschaft, manchmal nur in ein oder zwei Dörfern, Hochgerichtsrechte besaßen, standen der Hexenverfolgung abwartend oder mäßigend gegenüber. Allerdings versuchten die Landesobrigkeiten in Lothringen und Luxemburg, Hexenprozesse nur unter staatlicher Kontrolle und ohne die selten willkommene Einmischung gemeindlicher Anklagekonsortien oder der Landeshoheit untergeordneter Hochgerichtsherren zu führen. Ein anderes Bild bot sich in den vielen kleinen Herrschaften und Territorien. Vorsichtig hatte noch der Rechtshistoriker Eberhard Freiherr von Künßberg zu bedenken gegeben, man müsse Erzählungen, nach denen kleine Gerichtsherren gelegentlich einen Menschen hängen ließen, nur um ihren Blutbann zu beweisen, erst noch konkret nachweisen. Tatsächlich lassen sich inzwischen immer mehr solcher inszenierter Übergriffe aus den Quellen belegen. [Anm. 87] Gerade im herrschaftlich stark zersplitterten Maas-Rhein-Mosel-Raum dürfte es häufig zu einer solchen Verquickung von demonstrativer, auf Legitimation ausgelegter Herrschaftspraxis und Kriminaljustiz gekommen sein, denn das Bild dieser Landschaft war in jeder Form von herrschaftlicher Pluralität geprägt: In den kleinen und größeren geistlichen und weltlichen Herrschaften, Territorien und werdenden Staaten, mediaten und immediaten Hochgerichten, Kondominien und Gemeinherrschaften besaßen Herrschaftsträger Gerichtsrechte in unterschiedlichster Qualität und Quantität, räumlich oft weit gestreut und in verschiedenen Lehnsabhängigkeiten stehend. Zudem rechneten sie sich unterschiedlichen Rechtsräumen zu. Während die Gebiete des deutschen Reiches seit 1532 mehr oder wenig einheitlich der Carolina folgten, richteten sich die dem Reichsverband faktisch entrückten Herzogtümer Lothringen und Luxemburg nach den Ordonnanzen ihrer jeweiligen Souveräne bzw. ihrer Provinzialverwaltung.

Aus diesem herrschaftlichen Neben-, Mit-, Gegen- und Durcheinander mussten sich zwangsläufig Konflikte ergeben, zwischen konkurrierenden Herrschaftsträgern ebenso wie zwischen (noch) eigenständigen Hochgerichten und einer auf Vereinheitlichung und Kontrolle abzielenden landesfürstlichen Obrigkeit. Der hohen Jurisdiktion und ihrer konsequenten Ausübung kam in diesen Auseinandersetzungen stets besondere Bedeutung zu; immerhin konstituierte Hochgerichtsbarkeit überhaupt erst Obrigkeit und damit auch Herrschaft über Land und Leute. Deshalb bewies und legitimierte einerseits ihr unbestrittener, von keiner hoheitlichen Prärogative beeinflusster Besitz herrschaftliche Eigenständigkeit; andererseits zementierte die Kontrolle mediatisierter Hochgerichtsbarkeit landesfürstliche Ansprüche. In diesem Kontext versuchten die Konfliktparteien stets, ihre Ambitionen durch Präzedenzfälle zu beweisen; denn Herrschaft brauchte eben nicht nur den Nachweis von normativen Rechtstiteln, sondern vielmehr den Nachweis de facto durchgeführter Prozesse über ‚Hals und Bauch‘.Dass im Konfliktdualismus von herrschaftlichen bzw. landeshoheitlichen Ambitionen und demonstrativ ausgeübter Kriminaljustiz dem Hexenprozess mit seinen besonderen Kommunikations- und Verfahrensmechanismen eine bedeutende Rolle zukam, erscheint evident. Schließlich versprachen Hexenprozesse potentiellen Nutzern einen weitaus 'schnelleren' Erfolg; denn da der materielle Beweis für das Delikt Zauberei schlechterdings nicht erbracht werden konnte, ließen sich mithilfe von erfolterten Geständnissen und erpressten Komplizenlisten weitaus mehr Prozesse erzwingen und Todesurteile vollstrecken, als mit üblichen Kriminalverfahren.

Deutlich wird diese herrschaftlich-politische Instrumentalisierung an den im Gebiet der Reichsabtei St. Maximin geführten Hexenprozessen. [Anm. 88] Hier befand sich der Abt in ständiger Auseinandersetzung mit Kurtrier um die Reichsunmittelbarkeit seiner Herrschaft. Für die fatal effiziente Zusammenarbeit zwischen gemeindlichen Hexenausschüssen, Amtleuten und Obrigkeit in St. Maximin sprechen nicht nur die hohen Hinrichtungszahlen. Auch die gute Aktenüberlieferung ist nicht zuletzt als Folge des ungeheuren Bürokratisierungsschubs, den die vorgeschriebene schriftliche Niederlegung der Prozesse auslöste, zu erklären. Die Hexenprozessakten wurden hier nicht zufällig überliefert, sondern wohl in der Absicht, sie beim Streit um landesherrliche Autonomie vorlegen zu können, sorgfältig abgeschrieben und archiviert. Auch die vielen vom Maximiner Amtmann Claudius Musiel initiierten und in der St. Maximiner Kanzlei angefertigten Register, Verzeichnisse und Auflistungen zeigen, wie weit hier die Dokumentation der Hexenverfolgung zum Zweck der Herrschaftslegitimierung getrieben wurde. Überdies scheint der sich als Reichsfürst und Landesherr verstehende Abt von St. Maximin die Methode, mithilfe der Aktenversendung Kontrolle über die Hexenprozesse zu gewinnen, gut gekannt zu haben. Zwar wurden auch in St. Maximin die Prozessakten streng nach der Carolina an einen Oberhof zur Begutachtung geschickt, aber dieses Gremium tagte in einem Haus nahe der Abtei auf deren Hoheitsgebiet. Damit wurde der Trierer Oberhof als gutachtende Behörde nicht in die St. Maximiner Verfahren involviert und somit hatte der Kurfürst keine Möglichkeit, den Instanzenzug als Beweis für seinen eigenen Hoheitsanspruch auf St. Maximin zu nutzen. Außerdem konnte er formalrechtlich die auf die Carolina gestützten Maximiner Hexenprozesse in keiner Weise als illegal anfechten und diesen möglichen Vorwurf als Begründung für einen gewaltsamen oder militärischen Eingriff in das Maximiner Territorium benutzen.

Gerade in den vielen größeren und kleineren Herrschaftsgebilden des Herzogtums Luxemburgs, das seit 1443 bzw. 1488 zu den habsburgisch-burgundischen Niederlanden zählte, scheinen Hexenverfolgungen öfters funktionalisiert und benutzt worden zu sein. Hier wurde die Regierung durch einen Gouverneur und den Provinzialrat gebildet. Letzterer bildete die oberste Justiz- und Verwaltungsbehörde. In Zivilsachen diente er als Appellationsbehörde; gegen hochgerichtliche Kriminalurteile konnten Nichtigkeitsklagen wegen Rechtsbrüchen geführt werden. Außerdem war der Provinzialrat Ziel vielfältiger Bittschriften und Supplikationen. Auch erteilte er sog. lettres de purges, Reinigungsbriefe in Fällen von für nichtig erklärten Zaubereibeschimpfungen.

Herrschaftlich gegliedert war die Provinz Luxemburg [Anm. 89] gegen Ende des 16. Jahrhunderts in 17 Oberpropsteien (prévotés), denen jeweils Pröpste bzw. Unterpröpste als Amtleute und Hochgerichtsherren vorstanden. Allerdings lagen innerhalb dieser Propsteien weit mehr als 50 Enklaven, kleinere und kleinste eigenständige Herrschaften, auf deren Gerichte und Urteilssprechung die Zentralregierung erst im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts - und nicht zuletzt ausgelöst durch die Hexenprozesse - Einfluss nehmen konnte. In der Hand ungelehrter Schöffen, die zumeist wohl Analphabeten waren, richtete sich hier die Rechtspraxis rein nach einem schriftlich kaum fixierten Gewohnheitsrecht.

Um das herrschaftliche Durcheinander noch unübersichtlicher zu machen, waren manche dieser kleinen Adels-, aber auch Klosterherrschaften außerdem mit vielen Teilungen und Verpfändungen belastet. Überdies besaßen auch einige Dorfgemeinden Rechte an der Hochgerichtsbarkeit, und die vom landesherrlichen Souverän eingesetzten Pröpste waren nicht selten Luxemburger Adlige, die ihre Stellung zur Förderung eigener Herrschaftsinteressen weidlich ausnutzten. Vom Luxemburger Herzog – und damit von den spanischen Habsburgern lehnsabhängig - waren im übrigen auch die Eifelgrafschaften Manderscheid-Schleiden und Manderscheid-Kail. Insgesamt bot damit das Herzogtum bzw. die Provinz Luxemburg, das im 16. und 17. Jahrhundert einen schweren wirtschaftlichen Niedergang erlebte, einen geradezu 'idealen' Nährboden für die Verquickung von Herrschaftsinteressen und Hexenverfolgungen, sowohl auf der Ebene der kleinen Herren als auch auf der Ebene einer vereinheitlichenden Landeshoheit.

Die Gelegenheiten, mit Hilfe von Hexenprozessen Herrschaft zu demonstrieren und zu legitimieren, waren vielfältig. So wurden auch dem Luxemburger Provinzialrat bei Hoheitsstreitigkeiten gern Hexenprozessakten als Beweise für Mittel- und Hochgerichtskompetenzen präsentiert. Diese politische Nutzung im Nachhinein, d.h. nach den eigentlichen Verfolgungen, setzt nicht zwingend eine absichtliche Inszenierung von Hexenjagden voraus. Immerhin zog man hier die Hexenprozessakten genauso unbefangen wie andere Kriminalakten als rein formale Beweismittel heran. Je weiter dabei die vorgelegten Prozessakten zeitlich zurückreichten, um so besser ließ sich die Hochgerichtskompetenz als uralte Tradition belegen.

Auch beim Versuch, die Qualität einer Herrschaft aufzuwerten, konnten Hexenprozesse eine Rolle spielen. So versuchten zum Beispiel die Herren von Kesselstadt in ihrer Mittelgerichtsbarkeit Föhren (bei Pfalzel in der Nähe von Trier) mithilfe von allerlei Rechtsbeugungen – darunter besonders durch unrechtmäßige, landesfürstliche Prärogativen unterlaufende Konfiskationen in Hexereifällen –, sich allmählich aus der kurfürstlichen Landeshoheit in die Reichsfreiheit davonzustehlen. [Anm. 90]

Typisch erscheint in diesem Zusammenhang auch ein Fall aus der Propstei Luxemburg, der zugleich die verzwickte herrschaftliche Gemengelage illustriert: [Anm. 91] Anfang des 17. Jahrhunderts hatte der Herr von Tavigny hier das Amt des Propstes inne; zugleich war er Grundgerichtsherr in Limbach, das wiederum der Herrschaft Künzig (Clemency) unterstand. Künzig seinerseits war eine Enklave in der Propstei Luxemburg; die Hochgerichtsbarkeit oblag zu zwei Dritteln dem Landesherrn, zu einem Drittel der Gemeinde Künzig selbst. Verwaltet wurde diese Herrschaft von einem Amtmann, der nur dem Landesherrn, nicht aber dem Luxemburger Propst verpflichtet war. Dessen ungeachtet ließ der Propst Tavigny widerrechtlich – denn er war ja nicht im Besitz der Hochgerichtsbarkeit - im Dorf Limbach und damit in seiner Grundherrschaft - einen Mann wegen Hexerei verhaften und an das Gericht in Künzig überstellen. Nun besagten die landeshoheitlichen Vorgaben, dass in Hexereifällen das lokale Gericht einen vom Provinzialrat vereidigten Schreiber hinzuziehen musste und jeder Verfahrensschritt von einem dort erteilten Advis abhängig war. Die Propstei Luxemburg blieb von dieser Regelung allerdings ausgenommen, da hier das Gericht mit ausgebildeten Juristen besetzt war. Diesen Umstand machte sich der Herr von Tavigny in seiner Eigenschaft als Luxemburger Propst zunutze und setzte dem unabhängigen Gericht in Künzig unter Verweis auf die "Dummheit" des lokalen Schöffengremiums und die Privilegien der Propstei eigenmächtig zwei Juristen vor die Nase, welche nun das Hexereiverfahren führen sollten. Als Gericht und Gemeinde dagegen protestierten, ließ der Propst das Dorf Künzig ganz einfach mit Soldaten besetzen, die er sich zuvor unter falschen Angaben beim Generalgouverneur beschafft hatte. Auch dabei missbrauchte er seine propsteiliche Amtsgewalt. Aufmerksam gemacht durch die Klagen aus Künzig, konnte der Provinzialrat verhindern, dass Tavigny weitere Tatsachen schuf. Schließlich hatte der Propst schon wiederholt durch immer neue Schliche versucht, das eigenständige Künziger Gericht unter seine Kontrolle zu bringen, vorgeblich als Luxemburger Propst, tatsächlich aber, um sich auch mittelbar für Limbach die Hochgerichtsbarkeit zu verschaffen und damit seine Grundgerichtsbarkeit aufzuwerten.

Auch im Kontext des Herrschaftswechsels, der es für den neuen Inhaber nötig machte, sein Gewaltmonopol zu demonstrieren, konnten Hexenverfolgungen eine besondere Bedeutung gewinnen, [Anm. 92] dies besonders bei erzwungenen Herrschaftswechseln, wenn nämlich allzu treue Amtsträger der alten Obrigkeit diskreditiert, diszipliniert oder gar eliminiert werden sollten. So ließen die neuen Herren der Grafschaft Manderscheid-Schleiden aus eben jenem Grund den Rentmeister Klutsch, seinen Bruder und seinen Neffen absichtlich und mit manipulierten Besagungen in Hexereiverdacht bringen. Wegen dieser eklatanten Rechtsbrüche kam es vor dem Provinzialrat zu einem großangelegten Verfahren gegen die neuen Träger der Hochgerichtsbarkeit und ihre Beamten. [Anm. 93]

Ebenso konnten Hexenprozesse von den verschiedenen Herren einer Herrschaft benutzt werden, um sich gegenseitig Hochgerichtsrechte streitig zu machen. Auch hier spielte wieder die Schaffung von Präzedenzfällen eine entscheidende Rolle. Um zu zeigen, dass er zur Ausübung der Hochgerichtsbarkeit nicht die Zustimmung seines Mitherrn brauchte, ließ der Herr zu Scharfbillig schon 1510 eine der Zauberei verdächtige Frau frei sowie zwei Männer unter dem gleichen Vorwurf peinlich befragen. Der auf diese Weise in seinen Rechten schwer geschädigte Mitherr klagte wegen dieser Übergriffe beim Luxemburger Hofgericht. [Anm. 94]

In der kleinen Eifelherrschaft Wildenburg wurde der Streit um die Hochgerichtsbarkeit und damit um die eigenständige Herrschaftsausübung fast ausschließlich über die Führung von Hexenprozessen ausgetragen. [Anm. 95] Marsilius von Palandt, einer der Herrschaftsinhaber und Lehnsmann des Jülischer Herzogs, ließ gegen den offenen Widerstand der Grafen zu Salm-Reifferscheid 1628 eine Hinrichtungsstätte mit mehreren Verbrennungshütten aufbauen, eine ganze Mannschaft von Henkern und Bütteln anheuern und 14 Personen wegen angeblicher Zauberei hinrichten. Mehrmals versuchte der Reifferscheider Graf, den Galgen- und Verbrennungsplatz zerstören zu lassen, er nahm sogar Gerichtsschöffen und Henker in Gewahrsam, jedoch ohne Erfolg; denn kaum hatte er den Rücken gekehrt, wurden die niedergerissenen Hütten wieder aufgebaut und mit den Hinrichtungen fortgefahren. Palandt zögerte auch nicht, ganz gezielt Personen aus dem Reifferscheider Territorium verhaften zu lassen (Karte). Darin folgte er allerdings dem Vorbild seines Gegners, denn der Graf von Salm-Reifferscheid hatte bereits 1605 eine Frau auf Wildenburger Gebiet verhaften und als angebliche Hexe hinrichten lassen. Die Auseinandersetzungen der beiden Parteien gingen bis vor das Reichskammergericht, wo aber nie ein endgültiges Urteil gefunden wurde. De facto setzte sich jedoch Marsilius von Palant durch. Dabei haben ihm die inszenierten Hexenverbrennungen entscheidend geholfen, seine Ansprüche auf die Hochgerichtsbarkeit in die Praxis umzusetzen. 14 Todesurteile innerhalb von knapp sechs Wochen war eine beachtliche Bilanz, konnte der Reifferscheider Graf doch nur drei Hinrichtungen in 40 Jahren nachweisen. In einer Weistumsbefragung der Herrschaft Wildenburg aus dem 17. Jahrhundert heißt es dann auch unmissverständlich, dass die Herren von Wildenburg Missetäter vom Leben zum todt richten laßen dürfen.

Die Funktionalisierung von Hexenverfolgungen zur Durchsetzung von Hochgerichtsbarkeit kann für die Herrschaft Wildenburg kaum angezweifelt werden. Deutlich wird hier auch die Bedeutung der Hochgerichtsstätte, des Galgens und der dort ausgeführten Hinrichtungen. Durch sie wurden – wie kaum an einem anderen Ort – der Herrschaftsanspruch und das Gewaltmonopol des Hochgerichtsherren visualisiert. Zwischen konkurrierenden Herrschaftsträgern entfaltete sich deshalb nicht selten ein mit großen Mühen exerziertes Ritual um die provozierende Errichtung bzw. gewaltsame Niederlegung eines Galgens. [Anm. 96] Ebenso wirkungsvoll ließen sich mit spektakulären Hinrichtungen Ansprüche auf ein fremdes Territorium demonstrieren. So versuchte Kurtrier schon seit längerem, über die Grafschaft Virneburg die Landeshoheit zu erlangen. [Anm. 97] So auch im August 1594 mit einer spektakulären Aktion, als die Kurtrierer nachts in die Virneburger Gemarkung einbrachen und heimlich neben dem neuen Virneburger Galgen Verbrennungshütten aufbauten, ohne den virneburgischen Amtmann darüber in Kenntnis zu setzen. Am frühen Morgen des 31. August 1594 eskortierten dann 50-60 kurtrierische Schützen drei wegen angeblicher Hexerei verurteilte Frauen zur virneburgischen Hinrichtungsstätte, wo sich bereits eine große Menschenmenge versammelt hatte. Ohne dass Widerstand geleistet werden konnte, verbrannte man die von einem kurtrierischen Gericht abgeurteilten Frauen in den vorbereiteten Hütten, und als Höhepunkt der Provokation wurde gleich auch noch der neue Virneburger Galgen in Stücke gehackt und mit in die Flammen geworfen. Die Virneburger Gräfin befürchtete durch diese inszenierte Hinrichtung und Missachtung ihrer Landeshoheit bleibenden Nachteil und Schaden für ihre Jurisdiktionsansprüche. Deshalb ließ sie ein notariell beglaubigtes Schriftstück über diesen Vorfall ausstellen, worin die protokollierten Zeugenaussagen ihre rechtmäßigen Ansprüche auf die Hochgerichtsbarkeit von alters her bestätigen sollten. Trotz allem konnte die Gräfin die in ihrem Namen ausgeübte Blutgerichtsbarkeit 'nur' mit der Hinrichtung eines Schafdiebs belegen.

Nicht nur bei legitimierender Herrschaftsdemonstration und –melioration, bei Herrschaftswechseln und Konflikten aller Art erwies sich der Hexenprozess als probates Provokations- und Durchsetzungsmittel. Gerade in kleinen Herrschaften eröffneten sich noch weitere Möglichkeiten der Manipulation und Funktionalisierung, waren doch hier die persönlichen Kontakte zwischen Hochgerichtsherren, Amtleuten, Schöffen und Einwohnern groß und die Kommunikationswege kurz, ein Umstand, der die Verbreitung von Hexereigerüchten und Besagungen und die Verquickung von persönlichen, herrschaftlichen und politischen Interesse auf fatale Weise beförderte. Ausfluss eines solchen nahezu abgeschlossenen Verfolgungsmilieus konnte sein, dass mancher Hochgerichtsherr sich selbst als Opfer vermeintlicher Hexerei durch seine Untertanen sah. Darüber hinaus agierten hier die lokalen Schöffen oft als willfährige Marionetten an der Hand ihrer Gerichtsherren.

Andererseits hat sich aber auch mancher kleine Herrschaftsträger nicht gescheut, Hexenprozesse aus finanziellem Eigeninteresse zu inszenieren – ein für andere Beteiligte wie Amtleute und Notare schon lange nachweisbarer Beweggrund. Drei Umstände leisteten diesem Motiv gerade im Herzogtum Luxemburg Vorschub. Zum einen waren viele Hochgerichtsrechte an kleine Herren und Amtleute auf bestimmte Zeit verpfändet – das hieß, sie hatten nur begrenzte Zeit, das Beste aus ihren Herrenrechten herauszuholen; zweitens war diese Personengruppe erstaunlich häufig bei ihren Untertanen verschuldet – ein deutliches Zeichen für die Diskrepanz ihrer zwischen (quasi)adligen, finanziell prekären Lebensweise und der behäbigen Wohlhabenheit auf Seiten ökonomisch besser wirtschaftender Kleinstädter und Bauern; und drittens wurde der Besitz der Hingerichteten konfisziert, um daraus die Prozesskosten zu begleichen. Der Rest wanderte in die Schatulle des Hochgerichtsherrn. Schon bei der Aufstellung des Besitzinventars, bei der Rechnungslegung ebenso wie bei der folgenden Versteigerung des Konfiskationsgutes boten sich vielfältige Möglichkeiten der Manipulation.

Einige Beispiele mögen diesen Aspekt von Herrschaftspraxis und Hexenverfolgung beleuchten. So war in der Luxemburger Herrschaft Dudeldorf die Hochgerichtsbarkeit an einen Herrn Braun von Schmidtburg verpfändet, der gleichzeitig bei einem Händler des Ortes mit einer beachtlichen Summe in der Kreide stand. [Anm. 98] Um sich des lästigen Gläubigers zu entledigen, verdächtigte Braun von Schmidtburg ihn 1635 zuerst des Ehebruchs. Bedroht mit einem Kriminalprozess, erließ der daraufhin seinem Hochgerichtsherrn die Schuld, kam aber nach einigem Nachdenken auf die Idee, gegen diese Erpressung beim Luxemburger Provinzialrat zu supplizieren. Um dieses Vorhaben zu unterbinden, fuhr Braun von Schmidtburg nun schwerere Geschütze auf, bezichtigte den Händlern kurzerhand der Zauberei, heuerte einen der Parteilichkeit verdächtigten Schreiber an und führte Zeugenverhöre zum Nachteil seines Gläubigers durch. Ob das Einschreiten des Provinzialrates einen Hexenprozess gegen den unschuldigen Händler verhindern konnte, ist nicht überliefert.

In der Herrschaft Elter gar versprach der berüchtigte Amtmann Peter Britt seinem Herrn, er wolte die herschaft Elter, nachdem ime die verwaltung und amptmanschaft uf 18 jahr lang zugesagt, inwendig vier oder funf jarn von den lasterhaften personen saubern und dem hern sein haus und schloß aus und durch der misthetiger personen ... confiscierender guter aufbauen, ohne gedachte hern renten und gulden dernwegen zu schwechen. [Anm. 99]

Geradezu klassisch erscheint auch der Fall aus einer anderen, an zwei in Metz ansässige Herren verpfändete Luxemburger Herrschaft, die stets ihre rechtssuchenden Untertanen zwangen, den weiten Weg bis in die französisch besetzte Stadt zu machen. [Anm. 100] Gegen dieses, luxemburgisch-landeshoheitliche Prärogativen unterlaufendes Vorgehen opponierte ein wohlhabender Gerichtschöffe, bei dem einer der beiden Herren sogar hoch verschuldet war. Der unbequeme, nur wegen seines Reichtums nützliche Mann hatte darüber hinaus dem zuständigen Amtmann einen größeren Kredit verweigert. Rasch bildete sich ein Komplott gegen den Schöffen, an dem seine Kollegen, der Amtmann und ein korrupter Schreiber beteiligt waren. Die heimliche, sich auf Rückendeckung durch die Hochgerichtsherren verlassende Verschwörung, zettelte fünf Hexenprozesse in der kleinen Herrschaft an, die sich zunächst gegen weniger wohlhabende und mit dem Rechtsweg nicht vertraute Personen richteten. Amtmann und Schreiber nutzten ihre Position im Verfahren, um deren Aussagen und Geständnisse zu beeinflussen und so zu manipulieren, dass sich Verdacht und Besagungen nun bald gegen den reichen Schöffen richteten, dessen Beseitigung und Beerbung von Anfang an Ziel des Komplotts gewesen zu sein scheint. Ähnlich angelegt war die Kampagne, die Gerhard von der Horst, in Personalunion Hochgerichtsherr zu Hamm und luxemburgischer Propst zu Bitburg, gegen seinen Gläubiger, den reichen Bitburger Schöffen Johann Schweistal anzettelte. Daran beteiligt waren auch zwei kurtrierische Amtleute sowie Graf Dietrich von Manderscheid-Kail, ebenfalls bei Schweistal hoch verschuldet. [Anm. 101]

Solche ‚von oben' inszenierten Rechtsbrüche waren umso leichter durchzuführen, als die Hexenverfolgungen im Rhein-Maas-Moselraum eben entscheidend beeinflusst waren durch einen starken Verfolgungsdruck 'von unten', durch die Bildung privater Klagekonsortien, Ausschüsse und sog. Monopole, die in der Regel mit Amtleuten, Gerichtsinstanzen und Herrschaften zusammenarbeiteten. [Anm. 102] Wie im Gebiet der Reichsabtei St. Maximin lassen sich auch in Luxemburger Herrschaften und Propsteien Koalitionen zwischen gemeindlichen Hexenmonopolen und lokalen Hochgerichtsherren zum Zweck der Hexenjagd nachweisen. Solche Zusammenarbeit geschah offiziell nur, um die Ehre Gottes zu retten und den Gemeinen Nutzen zu fördern. Dahinter standen aber oftmals ganz banal-profane Motive, wie ein Beispiel aus der Luxemburger Herrschaft Leuchtingen zeigt. [Anm. 103] Hier erlaubten 1629 die Hochgerichtsherren ein Hexenmonopol, in dem sich acht Untertanen inklusive der Prozesszeugen zur Verfolgung einer vermeintlichen Hexe verschworen hatten. Die Frau wurde nicht nur der üblichen Tortur unterworfen, auch die Herren, ihre Ehefrauen und ihr Gesinde bearbeiteten die Unglückliche solange mit Drohungen und Versprechungen – zum Teil auch in den herrschaftlichen Privatgemächern –, bis sie genau die Personen bezichtigt hatte, deren Namen zu weiteren Verfolgung gebraucht wurden, darunter – wieder – ein reicher Schöffe des Ortes, auf dessen Besitz die Herren ein aug geschlagen hatten. Aufgrund der manipulierten Besagung strengten sie nun einen Offizialprozess gegen den Schöffen an, der sich mithilfe einer Purgationsschrift von dem Zaubereiverdacht reinigen wollte. Dies wollten die Herren aber nicht dulden. Einer machte öffentlich kund, man solle die Schrift zerreißen, ja man solle den hinteren daran wuschen.

Im Herzogtum Luxemburg versuchte der Provinzialrat über einen längeren Zeitraum hinweg und mit einer Fülle von Ordonnanzen, den Einfluss dieser eigenständigen Hochgerichte, ihrer ungelehrten Schöffen und der nur gewohnheitsrechtlich orientierten, willkürlichen Verfahrenspraxis zurückzudrängen, indem er den Fortgang der Hexenprozesse bei jedem neuen Schritt verbindlich von den Rechtsgutachten landeshoheitlich zugelassener und kontrollierter Notare abhängig machte und feste Taxordnungen für Amtleute, Schöffen, Notare und Zeugen erließ. [Anm. 104] Dabei kam besonders Nichtigkeitsklagen und Supplikationen eine entscheidende Rolle zu; denn mithilfe dieser Kommunikationskanäle gelang es dem Luxemburger Provinzialrat über Missbräuche, Übergriffe und Nichtbeachtung der Kriminalordnungen in den Hochgerichten und Herrschaften informiert zu werden. Die Anwendung der Norm in der Praxis wurde überprüfbar. Dem Historiker gewähren diese Quellen darüber hinaus einen seltenen Blick hinter die Kulissen der Hexereiverfahren. Denn während in den Hexenprozessakten die Verdächtigen nur unter dem Druck der Anklage zu Wort kamen und ihre Aussagen, gefiltert durch die Niederschrift eines Notars sowie verzerrt durch Verhör und Folter, nur noch in eine Richtung gehen konnten, nämlich hin zur Bestätigung des Hexereiverdachtes, wurden hier aus den Angeklagten ihrerseits Kläger. Obwohl auch hier der Originalwortlaut gewöhnlich durch einen Notar in eine gerichtsrelevante Sprache transformiert worden ist, lässt der Inhalt dieser Aussagen doch kaum Zweifel daran, wie schnell und leicht Menschen absichtlich in Hexereiverdacht gebracht und in einen Prozess gezwungen wurden.Gerade die zu Hunderten geführten Hexenprozesse produzierten eine Masse von Klagen, Beschwerden und Supplikationen, mit deren Bearbeitung und Überprüfung durch vereidigte Notare und Kommissare die landesherrliche Provinzialregierung einen immer stärkeren, regulierenden Einfluss auf die noch selbständigen Partikulargerichte ausüben konnte. Außerdem ließen sich dabei die skandalösen Manipulationen durch Hochgerichtsherren, Pröpste, Amtleute, Richter, Schöffen und lokale Schreiber aufdecken sowie grundsätzliche Defizite im Gerichtswesen ans Licht bringen. Auch deshalb nahm die Luxemburger Kriminalordnung des Jahres 1623, welche eine einheitliche Gerichtspraxis in Strafverfahren für alle Propsteien, Herrschaften und lehnsabhängigen Territorien festlegte, ausdrücklich Bezug auf das Verfahren in Hexereisachen. [Anm. 105] Langfristig und erst nach zähem Widerstand der kleinen Herrschaften gelang es dann tatsächlich, die Befugnisse der Hochgerichte auszuhöhlen und ihre Kompetenzen kontinuierlich einzuschränken. So wurde 1629 ausdrücklich den Hochgerichtsherren und den Amtleuten verboten, der peinlichen Befragung beizuwohnen; allzu oft hatten die Herren und ihre Vertreter gemeinsam mit dem Henker, aber in Abwesenheit der Schöffen und des vereidigten Schreibers, die angeklagten Personen bedrängt und unbarmherzig gefoltert, um ihnen bestimmte Besagungen abzupressen. [Anm. 106] Bei festgestellten Übergriffen wurden auch immer wieder Hochgerichtsherren vor dem Provinzialrat angeklagt, zu hohen Geldbußen verurteilt, ja ihrer Herrenrechte entsetzt. Als sich 1603 der Herr von Useldingen beim Luxemburger Gouverneur Peter von Mansfeld über die Einmischung des Provinzialrats in die von ihm – nachweislich unter vielen Missbräuchen - geführten Hexenprozesse beschwerte, forderte der Gouverneur ihn unverhohlen auf, alle ubelhandlungen und unrichtigkeiten unverzüglich abzuschaffen und den erlassenen decreten, ordnungen und bevehl statt und platz zugeben, da man sich ansonsten genötigt sehe, ihm die Jurisdiktion für die fraglichen Fälle zu entziehen bzw. andere zulessige mittel und weg zu erhaltung der landfurstlicher authoritet anzuwenden. [Anm. 107]

0.5.Gegner der Verfolgung, Ende und Weiterleben

Wie die angeführten Beispiele gezeigt haben, war die Geschichte der Hexenverfolgungen auch eine Geschichte der unentwegten Klagen über Missgriffe, Manipulationen und Rechtsbrüche. Auch solche Herrschaftsträger, die grundsätzlich verfolgungswillig, ja in dieser Hinsicht ausgesprochen eifrig waren, haben in Reaktion auf ihnen berichtete Missstände eben dies eingestehen müssen. Soweit sie sich ernsthaft um Abhilfe bemühten, muss man diesen Anstrengungen im Nachhinein ein fast vollständiges Scheitern attestieren. [Anm. 108] Lediglich das Reichskammergericht und der Luxemburger Provinzialrat haben in nicht wenigen Fällen Interventionen zustande gebracht, welche die Angeklagten retteten, während in anderen Fällen ihre Entscheidungen von verfolgungswütigen oder auf ihre Souveränität bedachten Fürsten und Herren schlichtweg ignoriert wurden. [Anm. 109]

Kritische und besonnene Stimmen hat es aus allen konfessionellen Lagern und aus allen Bevölkerungsschichten gegen den Hexenglauben und gegen die Hexenjagden gegeben. Allerdings wurden diese Stimmen mit zunehmender Verfolgungstätigkeit immer leiser und scheuten nicht selten eine schriftliche Aufzeichnung, denn sich gegen den Strom zu stellen, war höchst riskant. Überdies lag das durch obrigkeitliche Zensur kontrollierte Veröffentlichungsmonopol meist in den Händen der Verfolgungsbefürworter. Die Masse der überlieferten Prozessakten, Rechnungen, dämonologischen Traktate und Predigten repräsentiert deshalb die offiziell sanktionierte, meinungsdominierende Hauptrichtung in der Hexereidebatte, die gestützt wurde von obrigkeitlicher Macht und gesichtsloser Öffentlichkeit, von Mitläufern, Prozessgewinnlern und Menschen, die aus Angst um ihr Leben nicht wagen konnten, Hexenjagden zu kritisieren. Um so kostbarer müssen deshalb die Zeugnisse jener eingestuft werden, die mehr oder weniger offen Kritik am Verfolgungseifer übten, zeigen sie doch, dass es stets eine Alternative zu Hexenangst und Prozesswut gegeben und auch mancher Zeitgenosse schon die unheilvollen Verfolgungsmechanismen durchschaut hat.

Als einer der prominentesten Gegner hat sicher der holländische Theologe Cornelius Loos (geb. 1540/1546) zu gelten, der nach 1585 in Trier lehrte. [Anm. 110] Wohl schon im Herbst 1589 arbeitete Loos an einer Widerlegung der Schrift, die der Trierer Weihbischof Peter Binsfeld kurz zuvor unter dem Titel Tractatus de Confessionibus Maleficorum et Sagarum zur Rechtfertigung der Prozesse publiziert hatte. Die offene Diskussion mit Loos scheuend, war Binsfeld von Anfang an darauf bedacht, seinen Gegner mundtot zu machen und jede Veröffentlichung von De vera et falsa magia und den darin geäußerten, verfolgungskritischen Thesen zu verhindern. Die offizielle katholische Verfolgerpartei stand dabei ganz auf seiner Seite, waren doch bereits im April 1590 in München und Ingolstadt unter maßgeblicher Beteiligung der Jesuiten Grundsatzgutachten verfertigt worden, nach denen jede Kritik an der Hexenvorstellung als Ketzerei definiert wurde. [Anm. 111] Im Kampf gegen Loos fand Binsfeld Unterstützung beim päpstlichen Nuntius Ottavio Frangipani in Köln, der 1592 den Trierer Erzbischof aufforderte, die Veröffentlichung des schon bei einem Kölner Drucker befindlichen "Machwerks" zu verhindern. In der Zwischenzeit hatte Loos bereits an den Trierer Rat, an hohe Geistliche und andere nicht genannte Personen Schreiben gerichtet, in denen er die Rechtmäßigkeit der Trierer Verfahren und deren Grundlage, den Hexenglauben, massiv bestritt und den Trierer Kurfürsten der Tyrannei bezichtigte. Frangipani schrieb auch persönlich an Cornelius Loos und warf ihm vor, sein von Irrtümern und Neuerungen gezeichnetes Buch an der Zensur vorbei in Druck gegeben zu haben, und forderte Loos auf, ihm ein Exemplar zur Prüfung auszuhändigen. Die Lektüre bereitete dem Nuntius sicher wenig Freude und hatte den sofortigen Stop des Druckes zur Folge. Loos bezog sich in seiner Schrift auf konkrete Trierer Verhältnisse und zerpflückte in beißendem Spott die Thesen Binsfelds. Nahezu ausschließlich gestützt auf die Bibel, die Kirchenväter und antike Autoren, bestritt Loos jede Möglichkeit der leiblichen Erscheinung des Teufels, den Teufelspakt und die weiteren Ingredienzien des Hexenglaubens wie Hexenflug und Wetterzauber. In radikaler Ablehnung der von Binsfeld so gepflegten scholastischen Denkschule und selbst ein kritischer Geist, zeigte Loos sich ganz den Idealen humanistisch-philologischer Textanalyse verpflichtet. Das Argumentationsfundament Binsfelds erschütternd, bezweifelte Loos besonders den Wert von Hexereigeständnissen und Besagungen. Seiner Meinung nach stammten sie entweder von geistig labilen, verwirrten Menschen oder waren durch grausame Folter erpresst worden. In pathetischen Worten betonte er, dass durch die Hexenprozessmaschinerie Unschuldige hingerichtet würden. Für den holländischen Theologen stellte der Hexenglaube neben dem Protestantismus ein Werkzeug des Bösen dar, mit dem der Teufel versuche, das Seelenheil der wahren Christen zu gefährden. Konsequent zu Ende gedacht, waren damit die Hexenverfolger die wirklichen Teufelsanhänger, welche ihre Seelen durch das Vergießen unschuldigen Blutes verdammten. In der Reichsabtei St. Maximin inhaftiert, musste Loos am 15. März 1593 feierlich diese Thesen abschwören. Eine notarielle Abschrift dieses Widerrufs publizierte Delrio im Jahr 1599. Die Folgewirkung der Revokation erscheinen klar. So hat schon Behringer betont, dass in Verbund mit den bayerischen Grundsatzgutachten des Jahres 1590 der Widerruf des Cornelius Loos es jedem Katholiken hinfort unmöglich machte, den Hexenglauben zu kritisieren, wenn er nicht als Ketzer angeklagt werden wollte. So mussten neue Argumentationswege gegen die Hexenprozesse gefunden werden, wie sie dann später Friedrich Spee in seiner grundlegenden Prozesskritik, der Cautio Criminalis (1631), vorlegte. Neben Loos ist als weitere Stimme gelehrter Kritik in diesem Raum wohl Johann Linden, Kanoniker des Trierer Stifts St. Simeon, zu nennen, der im Rückblick jenen grimmigen Kommentar in der Gesta Trevirorum zu der Hexenverfolgung unter Johann VII. von Schönenberg verfasst hat. Zwar wollte auch er nicht ausschließen, dass es Hexen gebe und dass einige Angeklagte dieses Verbrechens schuldig gewesen seien. Doch die Art und Weise, wie Linden die materielle Ausnutzung der Prozesse und die Gier von Anklägern und Funktionären anprangerte, lässt darauf schließen, dass er kaum anders dachte als Loos. [Anm. 112]

Unter den Herrschaftsträgern im Rhein-Maas-Moselraum ist zunächst keine grundsätzliche Kritik oder gar Opposition spürbar. Allerdings lässt sich für Prozesse in einem sponheimisch-kurtrierischen Grenzgebiet, dem sog. dreiherrischen Beltheimer Gericht im Hunsrück, für zwei der dabei beteiligten Gerichtsträger eine Fundamentalopposition aufgrund rechtlicher Bedenken nachweisen: für Herzog Karl von Pfalz-Birkenfeld (1584-1600), einen der beiden sponheimischen Gemeinherren, und Philipp Freiherr zu Winneburg-Beilstein, nebenbei als Amtmann und Burggraf zu Alzey in kurpfälzischen Diensten. Schon die Verbindungen der beiden zur Kurpfalz machen den Hintergrund ihrer kritischen Einstellung deutlich; denn wie die neue Studie von Jürgen Michael Schmidt überzeugend herausgearbeitet hat, war die Kurpfalz ein Hort der Opposition und des Widerstandes gegen Hexenprozesse. Politisch-juristisch von den Landesfürsten und ihren Beamten, intellektuell von zwei hervorragenden Köpfen der Universität Heidelberg (Hermann Witekint, Anton Praetorius) getragen, lässt sich hier die grundsätzliche Skepsis bis zum Reformator Johann Schwebel zurückverfolgen, der schon 1532 seinem Landesherrn Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken eine deutliche Warnung vor Hexenprozessen, die nach dem dämonologischen Tatverständnis geführt würden, erteilt hatte. [Anm. 113]

Bei den Prozessen, die 1595/96 im Beltheimer Gericht aufgrund der Aktivitäten von zwei dort gegründeten Ausschüssen stattfanden, offenbarte sich die ablehnende Haltung der Pfalz-Birkenfelder und Winneburger Seite in rechtlichen Forderungen, welche jegliche Privilegierung der gemeindlichen Klagekonsortien ausschließen sollten. [Anm. 114] Insbesondere der Winneburger Freiherr bestand ausdrücklich auf den Regeln des Akkusationsverfahrens mit seiner Gleichbehandlung der Parteien, wie es die „Carolina“ vorschrieb. Anklägerhaftung durch Leistung von Kaution und Bürgen sowie Akteneinsicht für die Angeklagten, um sich - möglichst in Freiheit - gegen die Anschuldigungen verteidigen zu können, waren die Eckpunkte dieser Forderungen, die in Übereinstimmung mit der „Carolina“, aber in völligem Gegensatz zur Bevorzugung der gemeindlichen Hexenkläger und Benachteiligung der Angeklagten etwa in kurtrierischen Hexenprozessen jener Zeit standen. Die gleiche Kluft tat sich auf über die Frage, wer bei einer wegen Ungeständigkeit notwendigen Freilassung die Kosten zu bezahlen hatte. [Anm. 115]

Für das Wirken von Verteidigern sind bislang nur wenig Belege in der Region bekannt, was angesichts der mit dieser Aufgabe verbundenen Risiken nur zu verständlich ist. Jener Schultheiß aus St. Goar, den der Kastellauner Amtmann 1596 zur Verteidigung eines vom Beltheimer Ausschuss angeklagten Hofmannes gewinnen wollte, winkte ab mit der vielsagenden Begründung, dass er sich der sachen nicht undernehmen wöllen/ sondern sich entschuldigett/ diß dingh wehre ein schwere sach/ undt nit gutt darinnen zu dienen. [Anm. 116] Augustus Fischer, Doktor beider Rechte und Professor an der Universität Trier, war 1629 immerhin bereit, einen Prominenten, den Blankenheimer Amtman Heinrich von Mühlheim, zu verteidigen, bis er sich durch eine Hofintrige zur Resignation gezwungen sah. [Anm. 117] Mit fortschreitender Verfolgung änderten sich jedoch die Bedingungen zugunsten solcher Einsätze. So lässt sich für die Zeit, als die letzte Prozesswelle im mittelrheinischen Raum anlief (1652/1654), in Koblenz die Existenz einer ganzen Gruppe von Juristen nachweisen, die entschlossen zugunsten von Angeklagten eintraten und für mehrere von ihnen auch die Freilassung erreichen konnten. Einer jener Advokaten war Petrus Wolfsfeld, der als Notar noch 1642 Besagungen an reisende Ausschüsse geliefert hatte, nun aber wohl eindeutig auf der Gegenseite stand. Was ihn im einzelnen zu diesem Seitenwechsel veranlasst hat, bleibt unklar. Einer der Beweggründe könnte die Lektüre der wortgewaltigen Prozesskritik gewesen sein, die der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld 1631 anonym veröffentlicht hatte. Jedenfalls zitierte Wolfsfeld daraus in einer seiner Verteidigungsschriften mehrfach. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt (1653) noch keine Ausgabe der Cautio Criminalis existierte, die Spee als Autor angab. Die Selbstverständlichkeit, mit der Wolfsfeld nicht nur Spee beim Namen nannte, sondern auch noch lobend hervorhob, setzt voraus, dass der wahre Autor der Cautio Criminalis schon zu diesem Zeitpunkt in der Region nicht nur bekannt, sondern auch anerkannt war. [Anm. 118]

Wolfsfelds Tätigkeit als Verteidiger gehörte zu einem mit heftigen Auseinandersetzungen verbundenen Prozess, der 1652/53 vom Ausschuss der Gemeinde Winningen gegen den wohlhabenden Hofmann Hans-Wilhelm Mölich geführt wurde. Trotz der engagierten Verteidigung wie auch des dramatischen Kampfes der Familie war die Hinrichtung Möhlichs 1653 nicht abzuwenden. Dennoch schmälerten solche Waffengänge die bislang weitgehend unangefochtene Position der lokalen Prozessträger, da Kritiker und Gegner sie mit der Unterstellung und dem Nachweis von Rechtsbeugungen und anderen Skandalen in Mißgredit brachten. Im Fall des Winninger Gerichts- und Kirchenschöffen Friedrich Mölich, der dort 1659 als letzte Person wegen Hexerei angeklagt wurde, ist der Zusammenhang zwischen Kritik und Glaubwürdigkeitsverlust konkret greifbar. Friedrich Mölich hatte zwar seine Freilassung nicht juristisch erzwungen, sondern durch seine Fähigkeit, die Tortur zu ertragen, aber im darauf folgenden Kampf um die Kosten zog er alle Register der Argumentation. Im Kern stand der für den Ausschuss delegitimierende Nachweis, dass er das Reichsrecht (Carolina) unterlaufe, wenn die dort geforderte Haftung der Ankläger durch die im gemeindlichen Verbündnis beschlossene und auf despotische Weise erzwungene Individualhaftung außer Kraft gesetzt und statt dessen die Prozesskosten auf jeden einzelnen, der einmal verhaftet worden war, abgewälzt würden. Es war somit unausweichlich, dass die sponheimische Regierung, zunächst in Gestalt des badischen Gemeinherren, im Verlauf dieser Auseinandersetzung eine Grundsatzentscheidung fällen musste. Hinfort sollten Hexereianklagen nur noch bei den Kanzleien ex officio erhoben und nicht mehr durch die einfältigen und ungelehrten underthanen oder durch amtsfremde Rechtsgelehrte eingereicht werden. Damit wurde förmlich suspendiert, was man 30 Jahre lang genau in dieser Form akzeptiert hatte. Die Macht der lokalen Prozessträger war gebrochen; folgerichtig endete die Winninger Verfolgung mit dieser Entscheidung. [Anm. 119] Im sponheimischen Amt Kastellaun war das gleiche Ergebnis schon 1655 faktisch eingetreten, nachdem es dem Schöffen Heinrich Göbel gelungen war, für seine freigelassene Frau – auch sie hatte die Folter ohne Geständnis ertragen – erstmals die vollständige Rehabilitation bei der Regierungskanzlei zu erreichen. [Anm. 120]

Wollte eine Obrigkeit ernsthaft die Verfolgungen wenigstens eindämmen, so war das wirksamste Mittel dazu die Erhöhung der rechtlichen Hürden in jedem Einzelfall. Diesen Weg schien man etwa im Gebiet von St. Maximin nach dem Sturz des verfolgungswütigen Abtes Reiner 1613 und dem Verschwinden der Familie Musiel aus der maximinischen Ämterhierarchie langsam beschritten zu haben. Zwar setzte sich Musiels Nachfolger, der ausgebildete Jurist Nikolaus Zilles, weiterhin intensiv für die Reichsunmittelbarkeit St. Maximins ein (so verfasste er 1638 die berühmte, in St. Maximin gedruckte Defensio abbatiae imperialis s. Maximine), drängte aber von Anfang an den Verfolgungseifer der Ausschüsse zurück. Er legte Wert auf ein ordnungsgemäßes Verfahren, das nicht nur formal den Anspruch erhob, gemäß der Carolina geführt zu werden. Erst jetzt wurden die kollektiven Formalkläger, die Ausschüsse, förmlich vereidigt und darauf eingeschworen, die Kosten moderat zu halten, keine Manipulationen zu betreiben und niemanden ohne ausreichende Verdachtsgründe zu belangen. Der Amtmann behielt sich ausdrücklich vor, im Fall von aufgedeckten Missständen die Fortführung des Prozesses zu beenden. Darüber hinaus verlangte Zilles bessere Bürgschaftsleistungen der Gemeinden. Dass dies mehr als nur normative Änderungen waren, zeigt die weitere Praxis: Viele Verfahren kamen nicht mehr über die Voruntersuchung hinaus, immer wieder wurden neue Klagepunkte, neue Indizien und neue Zeugenaussagen von den Ausschüssen gefordert. [Anm. 121] Die maximinischen Verfolgungen endeten in den 1640er Jahren.

Ebenfalls in den 1640er Jahren bahnte sich für das Kurfürstentum Trier eine Entwicklung an, die dann unter dem Kurfürsten Karl Kaspar von der Leyen (1652-1676), der schon seit 1650 als Koadjutor die Amtsgeschäfte führte, zu einem gänzlichen Ausstieg aus den Verfolgungen führte. Methodisch beschritt Karl Kaspar ebenfalls den Weg der Erhöhung rechtlicher Anforderungen und der Verschleppung von Prozessen. Allerdings lässt sich für ihn auch nachweisen, dass er damit eine grundsätzliche Abkehr von den Verfolgungen intendierte. Diese Entscheidung muss um 1653 gefallen sein; wichtiger als die genaue zeitliche Verortung sind die Umstände. Denn des Kurfürsten Beweggründe lassen noch einmal die lange Skandalchronik der kurtrierischen Verfolgungen deutlich hervortreten. Jahre später hat Karl Kaspar sich persönlich dazu geäußert - auch dies ein außergewöhnlicher Umstand. Darin legte er offen, wie sehr ihn die Rechtsbrüche getroffen hatten, die bei den noch zu Anfang seiner Regierungszeit durchgeführten Prozessen üblich waren: Zumahlen diß ein verborgen und alßo beschaffenes laster ist, bey deßen vielfaltig versuchter ausrottung und dießer halb vor und zeit anfang unßerer angetrettener chur- und landsfürst[icher] regierung verschiedentlich geführten processen, [sich] all solche exorbitantien, falsitäten, kostspieltig und ungerechtigten in der that befunden [haben], dass wir höchst gemüßiget worden [sind], dergleichen processus und inquisitiones in unßerem ertz stifft generaliter verbieten und unter sagen zu laßen, warbey wir uns dann, Gott lob, bißhero wohl befunden. [Anm. 122]

Unter den vielen notorischen Skandalen, welche die regionalen Verfolgungen seit ihrem Ausbruch in den 1580er Jahren begleiteten, dürfte ein Vorfall, der sich wenige Jahre vor Karl Kaspars Entscheidung, zugetragen hat, besonders heftig zugunsten der Kritiker ausgeschlagen haben. Überliefert ist er nur, weil jene später rehabilitierte Schöffenfrau aus Kastellaun unter der Folter ihren Peinigern zugerufen hatte, es erginge ihr nun wie den ‚unschuldigen Leuten zu Koblenz‘. Zur Erklärung für die damit unvertrauten, weil weit abgelegenen Kanzleien der sponheimischen Landesherrn, fügte der Protokollant hinzu, in Koblenz habe ein Notar ‚falsche Besagungen‘ aufgenommen und sei dafür enthauptet und sein Kopf auf das Hochgericht gesteckt worden. In der Tat ein ungeheuerlicher Vorfall, denn diese Machenschaften hatten bis zu ihrer Aufdeckung mehrere Prozesse und Folterungen initiiert. Immerhin wurde mit jenem Notar dann eines der angesehensten Mitglieder des städtischen Bürgertums wie ein Straßenräuber hingerichtet. Wann genau auch immer sich dieser Vorfall in den 1640er oder Anfang der 1650er Jahre zugetragen hat – der Verlust an Glaubwürdigkeit, den die Prozessbefürworter zu verzeichnen hatten, muss enorm gewesen sein.

Trotz der entschlossenen Konsequenz, die der Trierer Kurfürst Karl Kaspar ab 1653 aus solchen Erfahrungen zog, ließen sich Hexenglaube und die Hexenjagd betreibende Ausschüsse auch jetzt genau so wenig per Dekret abschaffen wie es bisher gelungen war, ihre Umtriebe in geregelte Bahnen zu lenken. So sind nach 1653 noch Aktivitäten von Ausschüssen für die kurtrierischen Ämter St. Wendel (1656), Montabaur (1660) und Münstermaifeld (1666) nachweisbar. [Anm. 123] Andererseits scheinen die Bemühungen der Ausschüsse, Indizien gegen angebliche Hexen zu sammeln, nicht mehr zu förmlichen Anklagen geführt zu haben. Dies dürfte das Ergebnis einer Strategie gewesen sein, welche effektivere landesherrliche Aufsicht mit dem Entzug obrigkeitlicher Unterstützung (wozu sicherlich auch Umbesetzungen auf der Ebene der lokalen Amtsträger gehörten) und vermehrten rechtlichen Anforderungen verband. Keinen Widerspruch dazu bildet der Fall jenes Mannes, der sich 1688 im Hochgericht Trittenheim wegen des ‚Lasters der Zauberey‘ in Haft befand, dann aber ohne Prozessabschluss freigelassen wurde, weil das Gericht, wie es heißt, nicht vollständig besetzt werden konnte. In der Hochzeit der massenhaften Verfolgungen wäre kein Hexenprozess daran gescheitert. [Anm. 124] Jetzt aber fehlte es offenbar an Unterstützung.

So wie die Durchsetzung der Abkehr von Hexenprozessen letztlich ein Sieg über lokale Autonomien war, so stellte sie auch ein Sieg großterritorialer Herrschaft über kleinterritoriale Herrschaftsträger dar. Während letztere durch Hexenprozesse wie in einem letzten Rückzugsgefecht versucht hatten, ihre Unabhängigkeit und alten Rechte gegenüber einer zentralistischen Landesobrigkeit zu behaupten, ebnete diese das Partikularrecht allmählich ein und setzte eine einheitliche, auf dem römischen Recht fußenden Jurisdiktion mit dem Zwang zum Instanzenzug an Oberhöfe sowie andere Supplikations- und Appellationsinstanzen durch. Dies hieß nicht zuletzt auch die Ablösung der lokalen, ungelehrten Schöffenkollegien durch ausgebildete Juristen und Notare, obwohl einige zunächst noch dem lokalen Milieu näher standen als der zentralen Herrschaft. Bürokratisierung, Rationalisierung sowie Zentralisierung der gesamten Strafrechtspraxis verdankt sich deshalb nicht zuletzt dem landeshoheitlichen Bemühen, Kontrolle über exzessiv geführte Hexenprozesse zu gewinnen. Dabei strebte der Luxemburger Provinzialrat im Gegensatz zu Karl Kaspar von der Leyen keine generelle Abschaffung der Hexenprozesse an; er reagierte pragmatisch auf Klagen ‚der Unschuldigen‘ und auf Anzeichen für die nicht den landesherrlichen Vorgaben entsprechende Durchführung von Hexen- und Kriminalprozessen. Mit der Anbindung der lokalen Untersuchungsbehörden an die Entscheidungen einer zentrale Rechtsinstanz wurden jedoch die kleinräumigen Verfolgungsmilieus aufgebrochen, die Verfahren erheblich verlangsamt – worüber sich die Hochgerichtsherren naturgemäß vehement

0.6.Ausblick: Gemeinwohl und Eigennutz

Nachdem Forschung und interessierte Öffentlichkeit schon die Erkenntnis zu verarbeiten hatten, dass Hexenverfolgungen nicht primär von ‚staatlicher Seite', sondern von der Bevölkerung gewünscht und initiiert worden waren, zwingt das Phänomen der kommunalen Inquisitions- und Anklageausschüsse dazu, das althergebrachte Bild von Hexenverfolgungen erneut zu überdenken. [Anm. 125] Wolfgang Behringer hat dies wie folgt zusammengefasst: „Die 'demokratische' Organisation von Hexenverfolgungen durch Gemeindeausschüsse wirft alte Ideen über einen obrigkeitlichen Vernichtungsfeldzug ... völlig über den Haufen und gibt zudem Anlass zu einer Revision unserer Vorstellung von Herrschaft in der frühen Neuzeit". [Anm. 126] Offensichtlich scheint, dass eben nicht ein starker ‚Staat', eine starke Landesherrschaft, sondern vielmehr eine durchsetzungsschwache oberste Instanz wesentliche Voraussetzungen zur Durchführung von Hexenverfolgungen schuf, sodass mangels landesherrlicher Geltungsmacht vor Ort eine beträchtliche lokale Verfolgungsautonomie entstehen konnte. Sie ermöglichte, dass lokale Herrschaftsträger – oft gleichzeitig Inhaber landesherrlicher Lokalämter - ihre schwindende Eigenständigkeit durch Engagement auf dem Feld der Verfolgung gegen die großen territorialstaatlichen Konkurrenten kompensieren suchten und obrigkeitliche Amtsträger sowie andere Funktionäre ihre Geltungsbedürfnisse und Karriereinteressen mit Hexenjagden befriedigen konnten. Und schließlich erlaubte die relative Autonomie der lokalen Verfolgungsmilieus den dörflichen Aktivisten Spielräume, die dem landesherrlichen Herrschaftsanspruch und dem Rechtssystem grundlegend widersprachen. Wenn man nun auch die von den Gemeinden getragenen Hexenjagden kaum ‚demokratisch' im heutigen Sinne nennen kann, so ist ihre genossenschaftliche Grundlage nicht zu übersehen. Aber wie genossenschaftlich und in diesem Sinne gemeinwohlorientiert war dieser Anspruch in Wirklichkeit? Formal betrachtet scheint die Bildung von gemeindlichen Ausschüssen in guter kommunalistischer Tradition zu stehen. [Anm. 127] Doch inhaltlich betrachtet, formulierten und realisierten die gemeindlichen Initiativen zur Verfolgung der Hexen kein Jota einer kommunalistisch zu nennenden Programmatik, wie etwa die Rückgewinnung von Hochgerichtsrechten und allgemein die Erweiterung kommunaler Autonomie. [Anm. 128] Statt dessen nutzten bestimmte Gruppen in den Gemeinden die Verfolgungsstimmung, um mittels der Tradition kommunaler Deputation ein gemeindliches wie obrigkeitliches Mandat zum Krieg gegen ihre Nachbarn, zur Errichtung einer politischen Tyrannei in ihren Dörfern und zur Vermehrung ihres Ansehens zu erhalten. Das Feindbild der Hexen und die Abwehr der vermeintlich davon für die Gemeinschaft als Ganzes ausgehenden Gefahr ließ sich durchaus mit Vorstellungen von der Verteidigung des Gemeinen Nutzens verbinden. Doch realistisch betrachtet, focussierten sich alle auf das Hexereidelikt bezogenen Handlungen genau auf jene Personen, die ohnehin schon von Einzelnen oder Gruppen als soziale oder persönliche Feinde ausgemacht waren. Kaum ein anderes Feindbild der christlich-abendländischen Kultur hat ein solches Potenzial zur Legitimation von sozialem, gerichtlichem und herrschaftlichem Aktionismus sowie zur Abschirmung vielfältiger Vorteilsnahme entfalten können. Seine kriminelle Superpotenz schien jede Gegenmaßnahme zu legitimieren, seine Immunität gegenüber Kritik war so vollständig, dass schon der Appell an Besonnenheit den einsamen Rufer in den Verdacht brachte, selbst ein Mitglied der Hexensekte zu sein, wie Del Rio fast dogmatisch feststellte. Auf diese Weise sollte mundtot gemacht werden, wer, wie Loos, Spee und andere, den nicht zu übersehenden Eigennutz der Verfolger anprangerte. Der Kölner Kaufmann Herrmann von Weinsberg hat daher 1589 nur seinem Tagebuch anvertraut, was für ihn unmittelbar einsichtig war: Man kann der alter weiber und verhaster leut nit balder quidt werden, dan auf solche weis und maneir. [Anm. 129]

Rita Voltmer; Walter Rummel

Nachweise

Verfasser: Rita Voltmer udn walter Rummel

Anmerkungen:

  1. Vgl. Wolfgang Behringer, Hexen. Glaube, Verfolgung, Vermarktung. 2. Aufl. München 2000; Ingrid Bertram, Volkes Wille, in: Der Spiegel 52, 2001, S. 42-44; Rita Voltmer u. Franz Irsigler, Die europäischen Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit – Vorurteile, Faktoren und Bilanzen, in: Hexenwahn. Ängste der Neuzeit, hg. v. Rosmarie Beier-de Haan, Rita Voltmer u. Franz Irsigler. Berlin 2002, S. 30-45; Walter Rummel, 'Weise Frauen' und 'weise Männer' im Kampfe gegen Hexerei. Die Widerlegung einer modernen Fabel, in: Europäische Sozialgeschichte. Festschrift für Wolfgang Schieder, hg. v. Christof Dipper, Lutz Klinckhammer u. Alexander Nützenadel. Berlin 2000, S. 353-376, Ders., Die historische Hexenverfolgungen – „Vernichtung der weisen Frauen“ oder Handlungsfeld der Volkskultur gegen Hexerei?, in: Alltagsleben und Magie in Hexenprozessen, hg. v. Rita Voltmer / Günter Gehl. Weimar 2003, S. 81-93, sowie Franz Irsigler, Hebammen, Heilerinnen und Hexen, in: Hexenwahn (wie oben), S. 142-153. Zurück
  2. Gerhard Schormann, Hexenprozesse in Deutschland. Göttingen 1981 (inzwischen 3. Aufl. 1996), S. 100. Zurück
  3. Gerd Schwerhoff, Köln im Kreuzverhör. Kriminalität, Herrschaft und Gesellschaft in einer frühneuzeitlichen Stadt. Bonn/Berlin 1991, S. 424 Zurück
  4. Jules Michelet, La Sorcière. Paris 1862, erste deutsche Übersetzung v. G. Klose 1863; letzte Auflage: Jules Michelet, Die Hexe. Mit einem Vorwort von Roland Barthes, hg. v. Traugott König. Fulda 1988. Vgl. Wolfgang Behringer, Zur Geschichte der Hexenforschung, in: Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten, hg. v. Sönke Lorenz. Ostfildern 1994, S. 93-146, sowie als erweiterte Fassung Wolfgang Behringer, Geschichte der Hexenforschung, in: „Wider alle Hexerei und Teufelswerk: Die europäischen Hexenverfolgungen und ihre Auswirkungen auf Südwestdeutschland, hg. v. Sönke Lorenz u. Jürgen-Michael Schmidt. Ostfildern 2004, S. 485 passim. Zurück
  5. Hermann Laven, Die Hexenprozesse in Trier und Umgebung, in: Trierische Chronik N. F. 4 1908, S. 113-135, hier S. 123-126. Zurück
  6. Vgl. Margaret Alice Murray, The Witch-Cult in Western Europe: A Study in Anthropology. London 1921, sowie Dies., The God of the Witches. London 1951. Zurück
  7. Neben Behringer, Geschichte (wie Anm. 4): Barbara Schier, Hexenwahn und Hexenverfolgung. Rezeption und politische Zurichtung eines kulturwissenschaftlichen Themas im Dritten Reich, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 1990, S. 43-115, sowie die Beiträge in: Himmlers Hexenkartothek. Das Interesse des Nationalsozialismus an der Hexenverfolgung, hg. v. Sönke Lorenz, Dieter R. Bauer, Wolfgang Behringer u. Jürgen Michael Schmidt. Bielefeld 1999. Zurück
  8. Friedrich Merzbacher, Die Hexenprozesse in Franken. 2. veränd. Aufl. München 1970, S. 186f. – Eine ähnliche Auffassung hatte schon Heinrich Kramer, gen. Institoris in seinem berüchtigten Hexenhammer vertreten: Kramer (Institoris), Heinrich, Der Hexenhammer. Malleus Maleficarum. Neu aus dem Lateinischen übertragen von Wolfgang Behringer, Günter Jerouschek und Werner Tschacher, hg. u. eingel. v. Günter Jerouschek und Wolfgang Behringer, München 2000, S. 213. Zurück
  9. Vgl. Anm. 1. Zurück
  10. Eine Ausnahme bildet das magisch-dämonische Konzept der von Carlo Ginzburg beschriebenen „Benandanti“, doch auch diese nachweisliche kultische Gegenwelt existierte lediglich im Kopf derjenigen, die vermeinten, nachts zur Abwehr böser Geister auszuziehen; vgl. Carlo Ginzburg, Die Benandanti. Feldkulte und Hexenwesen im 16. und 17. Jahrhundert. Neuauflage Hamburg 1993, sowie dazu Willem de Blécourt, Spuren einer Volkskultur oder Dämonisierung? Kritische Bemerkungen zu Ginzburgs "Die Benandanti". In: Kea. Zeitschrift für Kulturwissenschaften 5, 1993, S. 17-29. Zurück
  11. Vgl. zuletzt Ingrid Ahrendt-Schulte, Zauberinnen in der Stadt Horn (1554-1603). Magische Kultur und Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 1997, sowie die Rezension von Rita Voltmer in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 46, 2001, S. 440-443. Zurück
  12. Vgl. z.B. Johann Arnold Clemens Joerres, Die Verordnung Margarethas, gefürsteter Gräfin zu Arenberg, über die Verfolgung und Bestrafung von Zauberei, Hexen, Teufelsfängern, Wahrsager und Wiederherstellung eines religiösen Lebens in der Grafschaft Arenberg vom 30. November 1593. Diss. masch. Bonn 1950; Heribert Breiden, Die Hexenprozesse der Grafschaft Blankenheim von 1589-1643. Bonn 1954; Kurt Hoppstädter, Hexenverfolgungen im saarländischen Raum. Ein Beitrag zur Geschichte der Hexenprozesse. In: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 9, 1959, S. 210-267; Friedrich Wilhelm Siebel, Die Hexenverfolgung in Köln. Bonn 1959; Heinz Peter Geilen, Die Auswirkungen der Cautio Criminalis von Friedrich von Spee auf den Hexenprozess in Deutschland. Bonn 1963; Heinz Jürgen Stebel, Die Osnabrücker Hexenprozesse. Bonn 1968, Osnabrück 1969. - Eine Ausnahme zu diesen rein rechtsgeschichtlich ausgerichteten Arbeiten bildet Werner Croissant, Die Berücksichtigung geburts- und berufsständischer und soziologischer Unterschiede im deutschen Hexenprozess. Diss. masch Mainz 1953. Zurück
  13. Alan MacFarlane, Witchcraft in Tudor and Stuart England. A Regional and Comparative Study. 2. Aufl. London 1999 (Erstausg. 1970); Keith Thomas, Religion and the decline of magic. Studies in popular beliefs in sixteenth and seventeenth century England. 2. Aufl. London 1997 (Erstausg. 1971); H.C. Erik Midelfort, Witch Hunting in Southwestern Germany 1562-1684. The Social and Intellectual Foundations. Stanford 1972. Zurück
  14. Vgl. die Beiträge in: Hexenprozesse und Gerichtspraxis, hg. v. Herbert Eiden u. Rita Voltmer. Trier 2002. Zurück
  15. Brian P. Levack, Hexenjagd. Die Geschichte der Hexenverfolgung in Europa. München 1995, S. 218-223. Zurück
  16. Vgl. dazu grundsätzlich Gudrun Gersmann, Wasserproben und Hexenprozesse. Ansichten der Hexenverfolgung im Fürstbistum Münster, in: Westfälische Forschungen 48, 1998, S. 449-479; Dies., Wasserprobe und Prozess. Hexenverfolgung und adelige 'Hexenpolitik' im frühneuzeitlichen Fürstbistum Münster. Habilitationsschrift München 1999 (im Druck), sowie Rita Voltmer, Hexenprozesse und Hochgerichte. Zur herrschaftlich-politischen Nutzung und Instrumentalisierung von Hexenverfolgungen, in: Hexenprozesse und Gerichtspraxis (wie Anm. 14), S. 475-525. Zurück
  17. Schormann, Hexenprozesse (wie Anm. 2), S. 89-95. Vgl. Hartmut Lehmann, Frömmigkeitsgeschichtliche Auswirkungen der "Kleinen Eiszeit", in: Volksreligiosität in der modernen Sozialgeschichte, hg. v. Wolfgang Schieder. Göttingen 1986, S. 31-50; Wolfgang Behringer, Das Wetter, der Hunger, die Angst. Gründe der europäischen Hexenverfolgungen in Klima-, Sozial- und Mentalitätsgeschichte. Das Beispiel Süddeutschlands, in: Acta Ethnographica Hungarica 37, 1991/1992, S. 27-50; Rita Voltmer, "Gott ist tot und der Teufel ist jetzt Meister!" Hexenverfolgungen und dörfliche Krisen im Trierer Land des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Kurtrierisches Jahrbuch 39, 1999 (2000), S. 175-223, sowie Rüdiger Glaser, Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen. Darmstadt 2001, S. 176. Zurück
  18. Vgl. dazu die zahlreichen Einträge in: Die Limburger Chronik des Johannes Mechtel, hg. v. Carl Knetsch, Wiesbaden 1909. Zurück
  19. Vgl. die Angaben in Anm. 16 sowie Jürgen Michael Schmidt, Glaube und Skepsis. Die Kurpfalz und die abendländische Hexenverfolgung 1446-1685. Bielefeld 2000. Zurück
  20. Vgl. grundsätzlich Alexander Patschovsky, Der Ketzer als Teufelsdiener, in: Papsttum, Kirche und Recht im Mittelalter. Festschrift für Horst Fuhrmann, hg. v. Hubert Mordek. Tuebingen 1991, S. 317-334. Zurück
  21. Zur Herausbildung des Hexereikonstrukts und den frühen Hexenverfolgungen in der Westschweiz und angrenzenden Gebieten vgl. Andreas Blauert, Frühe Hexenverfolgungen. Ketzer-, Zauberei- und Hexenprozesse des 15. Jahrhunderts. Hamburg 1989; Ders., Frühe Hexenverfolgungen in der Schweiz, am Bodensee und am Oberrhein, in: Hexen und Hexenverfolgung (wie Anm. 7), S. 59-66; Georg Modestin, Le diable chez l'évêque: Chasse aux sorciers dans le diocèse de Lausanne (vers 1460). Lausanne 1999; Fabienne Taric Zumsteg, Les sorciers à l'assaut du village Gollion (1615-1631). Lausanne 2000; Werner Tschacher, Der Formicarius des Johannes Nider von 1437/38. Studien zu den Anfängen der europäischen Hexenverfolgungen im Spätmittelalter. Aachen 2000, sowie Herbert Eiden, Vom Ketzer- zum Hexenprozess. Die Entwicklung geistlicher und weltlicher Rechtsvorstellungen bis zum 17. Jahrhundert, in: Hexenwahn (wie Anm. 1), S. 48-59. Zurück
  22. Walter Rummel, Gutenberg, der Teufel und die Muttergottes von Eberhardsklausen. Erste Hexenverfolgung im Trierer Land, in: Ketzer, Zauberer, Hexen. Die Anfänge der europäischen Hexenverfolgungen, hg. v. Andreas Blauert. Frankfurt a. M. 1990, S. 91-117, hier S. 102-104. Zurück
  23. Joseph Hansen, Heinrich Institoris, der Verfasses des Hexenhammers und seine Tätigkeit an der Mosel im Jahre 1488, in: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 26, 1907, S. 110-118; Wolfgang Wolpert, Fünfhundert Jahre Kreuzweg in Ediger an der Mosel. Inquisitor Heinrich Institoris als Initiator, in: Hexenglaube und Hexenprozesse im Raum Rhein-Mosel-Saar, hg. v. Gunther Franz / Franz Irsigler. 2. Aufl. Trier 1996, S. 19-34. Zurück
  24. Joseph Hansen, Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgungen im Mittelalter. Bonn 1901, S. 592-594; Rummel, Gutenberg (wie Anm. 22), S. 98. Zurück
  25. Vgl. Rita Voltmer, Zwischen Herrschaftskrise, Wirtschaftsdepression und Jesuitenpropaganda. Hexenverfolgungen in der Stadt Trier (15.-17. Jahrhundert), in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 27, (2001), S. 37-107, sowie zur Rezeptionsgeschichte der Trierer und Maximiner Hexenjagden Dies., "Germany's first 'superhunt'?" - Rezeption und Konstruktion der so genannten Trierer Verfolgungen (16.-21. Jahrhundert). In: Realität und Mythos. Hexenverfolgung und Rezeptionsgeschichte, hg. v. Katrin Moeller / Burghart Schmidt. Hamburg 2003, S. 225-258. Zurück
  26. Gesta Trevirorum, hg. v. Hugo Wyttenbach u. Michael Franz Josef Müller. Bd. 3, Trier 1839, S. 53f.; Übersetzung in: Die Taten der Trierer. Bd. VII, hg. v. Emil Zenz. Trier 1964, S. 13. Zurück
  27. Zum Ausschusswesen in Kurtrier und seinen Kondominien vgl. Walter Rummel, Bauern, Herren und Hexen. Studien zur Sozialgeschichte sponheimischer und kurtrierischer Hexenprozesse 1574-1664. Göttingen 1991; Ders., Phasen und Träger kurtrierischer und sponheimischer Hexenverfolgungen, in: Hexenglaube und Hexenprozesse (wie Anm. 23), S. 255-331; Ders., Das 'ungetüme Umherlaufen' der Untertanen. Zum Verhältnis von religiöser Ideologie, sozialem Interesse und Staatsräson in den Hexenverfolgungen im Rheinland, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 67, 2003, S. 121-161; Johannes Dillinger, "Böse Leute". Hexenverfolgungen in Schwäbisch-Österreich und Kurtrier im Vergleich. Trier 1999; für den Saar-Raum: Eva Labouvie, Zauberei und Hexenwerk. Ländlicher Hexenglaube in der frühen Neuzeit. Frankfurt a. M. 1991; für das Gebiet der Reichsabtei St. Maximin sowie das Herzogtum Luxemburg (auch im Vergleich mit Kurtrier): Rita Voltmer, Monopole, Ausschüsse, Formalparteien. Vorbereitung, Finanzierung und Manipulation von Hexenprozessen durch private Klagekonsortien, in: Hexenprozesse und Gerichtspraxis (wie Anm. 14), S. 5-67; Dies., ... ce tant exécrable et détestable crime de sortilège. Der 'Bürgerkrieg' gegen Hexen und Hexenmeister im Herzogtum Luxemburg (16. und 17. Jahrhundert). In: Hémecht. Revue d'Histoire Luxembourgeoise. Zeitschrift für Luxemburger Geschichte 56, 2004, S. 57-92; Dies., Konspiration gegen Herrschaft und Staat? Überlegungen zur Rolle gemeindlicher Klagekonsortien in den Hexenverfolgungen des Rhein-Maas-Mosel-Raume, in: Staatsbildung und Hexenprozess, hg. v. Johannes Dillinger / Jürgen-Michael Schmidt. Bielefeld 2004 (im Druck); für den kurkölnischen Raum unter Berücksichtigung der mittelrheinischen und in der Eifel gelegenen Ämter: Peter Arnold Heuser, Hexenverfolgung und Volkskatechese. Beobachtungen am Beispiel der gefürsteten Eifelgrafschaft Arenberg 1590-1593, in: Rheinisch-Westfälische Zeitschrift f. Volkskunde 44, 1999, S. 95-142, bes. S. 102f. u. 129f.; für die nassauischen Gebiete: Johanna Koppenhöfer, Die mitleidlose Gesellschaft. Studien zu Verdachtsgenese, Ausgrenzung und Prozessproblematik im frühneuzeitlichen Hexenprozess in der alten Grafschaft Nassau unter Johann VI. und der späteren Teilgrafschaft Nassau-Dittenburg (1559-1687), Frankfurt a. M. 1995, S. 179-184. – Zu den Hexenverfolgungen in der Eifel, die zum Teil mit, zum Teil ohne die Beteiligung von Ausschüssen oder Monopolen abliefen, vgl. auch Rita Voltmer, Jagd auf böse Leute. Hexenverfolgungen in der Region um den Laacher See (16.-17. Jahrhundert), in: Plaidter Blätter. Jahrbuch des Plaidter Geschichtsvereins 1, 2003, S. 11-24; Dies., "In Wittlich des zauberei lasters hingericht." Überlegungen zu den Hexenverfolgungen im Wittlicher Land während des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Kreisjahrbuch Bernkastel-Wittlich 2004, S. 122-130; Dies., ... diweil deß orts bei euch zu brathen gnugh. Strukturen und Erscheinungsformen der Hexenverfolgungen in der Westeifel, in: Der Prümer Landbote. Zeitschrift des Geschichtsvereins „Prümer Land“ 81, 2004, S. 18-30. Zurück
  28. Voltmer, Herrschaftskrise (wie Anm. 25), S. 39, 50 u. 87. Ein Beispiel für den Alpenraum (Dornbirn im Vorarlberg) bringt Manfred Tschaikner, Hexenverfolgungen in Dornbirn, in: Dornbirner Schriften 8 (1990), S. 53-79, hier: S. 60-62. Zurück
  29. Johann H. Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste, welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden. Bd. 2, Halle/Leipzig 1732, ND 1961, Sp. 2247. Zurück
  30. Zu Vorformen der privaten Klagekonsortien und finanziellen Absprachen vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 17. Zurück
  31. Rummel, Phasen (wie Anm. 27), S. 296. Zurück
  32. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 29; Ders., Phasen (wie Anm. 27), S. 296.; Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 30 und Labouvie, Zauberei (wie Anm. 27), S. 86f. Zurück
  33. Vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 7 f. Zurück
  34. Vgl. ebd., S. 6f., 23, 27, 30 mit Anm. 107; Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 38. Zurück
  35. Vgl. Dillinger, Böse Leute (wie Anm. 27), S. 241. Zurück
  36. Vgl. Rummel, Phasen (wie Anm. 27), S. 302. Zurück
  37. Vgl. Peter Neu, Die Arenberger und das Arenberger Land. Bd. 1: Von den Anfängen bis 1616, S. 428-433; Heuser, Hexenverfolgung (wie Anm. 27), S. 102-105, bes. Anm. 21. Zurück
  38. Vgl. August Welker, Hexenprozesse in der Grafschaft Dierdorf von 1629 bis 1653. Aktenmäßige Darstellung, in: Jahrbuch für Geschichte und Kunst des Mittelrheins und seiner Nachbargebiete 14, 1962 (1967), S. 34-47, bes. S. 35, sowie Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 10. Zurück
  39. Vgl. Rummel, Phasen (wie Anm. 27), S. 281, Dillinger, Böse Leute (wie Anm. 27), S. 431. Zurück
  40. Vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 56-58; Rummel, Phasen (wie Anm. 27), S. 304. Zurück
  41. Hexen und Hexenprozesse, hrsg. Von Wolfgang Behringer, München 1988, S. 157; Voltmer, Herrschaftskrise (wie Anm. 25), S. 89. Zurück
  42. J.J. Scotti, Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem vormaligen Churfürstentum Trier über Gegenstände der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind... 1. Teil, Düsseldorf 1832, S. 555. Zurück
  43. Ebd., S. 556. Zurück
  44. Voltmer, Monopole, S. 6. In der Verordnung des Luxemburger Provinzialrat vom 6. April 1591 gegen das Monopolunwesen wurden bereits jene Mißstände bei der Führung von Hexenprozessen angeführt, die acht Monate später auch in der kurtrierischen Prozessordnung erwähnt werden sollten; vgl. ebd., S. 58f. Zurück
  45. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 30-35, 46-55, 183-185, sowie Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 35-38. Zurück
  46. Vgl. ebd., S. 59f. u. 63. Zurück
  47. Vgl. ebd., S. 60-63. Zurück
  48. Vgl. unten, Abschnitt 4. Zurück
  49. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 41. Zurück
  50. Wie die Vorgänge zeigen, die sich 1592/93 in der kurtrierischen Amtsstadt Cochem abspielten, konnte es auch nach Erlaß der Verordnung zu einer wilden Verfolgung kommen, wenn lokale Beamte sich nicht an die kurfürstlichen Vorgaben hielten; vgl. Walter Rummel, Soziale Dynamik und herrschaftliche Problematik der kurtrierischen Hexenverfolgungen. Das Beispiel der Stadt Cochem (1593-1595), in: Geschichte und Gesellschaft 16, 1990, S. 26-55. Zurück
  51. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 127-133. Zurück
  52. Schmidt, Kurpfalz (wie Anm. 19), S. 327; Herbert Pohl, Hexenglaube und Hexenverfolgung im Kurfürstentum Mainz. Ein Beitrag zur Hexenfrage im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert. 2. überarb. u. erw. Aufl. Stuttgart 1998, S. 143 passim. Zu den politischen Interessen adliger Beamte an Prozessen bzw. zu den Vorteilen, die sie als Adlige im dauernden Streit mit dem Landesherren um über die Grundgerichtsbarkeit hinausgehende Rechte hatten, vgl. unten Abschnitt 4. Zur Teilnahme von Ausschüssen bei Verhören: Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 75f., 93-106 u. 114-127 Zurück
  53. Vgl. ebd., S. 55-67. Zurück
  54. Landeshauptarchiv Koblenz (im Folgenden: LHAKo), Best. 33, Nr. 12334, fol. 65. Zurück
  55. Zur Rolle der Notare im Gebiet der Reichsabtei St. Maximin vgl. Rita Voltmer, Einleitung, in: Dies. u. Karl Weisenstein (Bearb.), Das Hexenregister des Claudius Musiel. Ein Verzeichnis von hingerichteten und besagten Personen im Trierer Land (1586-1594). Trier 1996, S. 9*-104*, hier S. 61*-63*; Rita Voltmer, Claudius Musiel oder die Karriere eines Hexenrichters. Auch ein Beitrag zur Trierer Sozialgeschichte des späten 16. Jahrhunderts. In: Methoden und Konzepte der historischen Hexenforschung, hg. v. Gunther Franz u. Franz Irsigler, Trier 1998, S. 211-254, hier S. 250-252. Zurück
  56. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 75f. u. 73. Zurück
  57. Vgl. ebd., S. 123ff.; Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 40-43 u. Farbkarte im Anhang. Zurück
  58. Vgl. Rummel, Hexenverfolgungen in den Manderscheider Territorien (1528-1641), in: Die Manderscheider - eine Eifeler Adelsfamilie; Herrschaft - Wirtschaft - Kultur. Köln 1990, S. 37-48, hier S. 43-47; Ders., Bauern (wie Anm. 27), S. 161-172; Thomas Becker, Hexenverfolgung im Herzogtum Jülich, in: Neue Beiträge zur Jülicher Geschichte 8, 1997, S. 54-75, hier S. 68. Zurück
  59. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 252 f.; Gesta Trevirorum (wie Anm. 26). Zurück
  60. Vgl. unten Abschnitt 4. Zurück
  61. Vgl. Voltmer, Musiel (wie Anm. 56). Zurück
  62. Vgl. unten Abschnitt 5. Relativ erfolgreich scheint die landesherrliche Unterdrückung des Monopolwesens und seiner geheimen finanziellen Absprachen nur im Herzogtum Lothringen gewesen zu sein; vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 61, sowie Dies., Luxemburg (wie Anm. 27), S. 75-85. Zurück
  63. Vgl. ebd., S. 60. Zurück
  64. LHAKo Best. 33, Nr. 8862, Bl. 2. Zurück
  65. Ein Beispiel für eine ungewollte Berufung zum Ausschuss gibt Labouvie, Zauberei (wie Anm. 27), S. 87. Denkbar ist jedoch, daß der Betreffende zumindest von einem Teil der Gemeinde eben deswegen gewählt wurde, weil er der Hexenjagd kritisch gegenüberstand und man eine Radikalisierung der Verfolgung verhindern wollte. Zurück
  66. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 247. Zurück
  67. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 23. Zurück
  68. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 218-221; Labouvie, Zauberei (wie Anm. 27), S. 87. Zurück
  69. Vgl. mit einem Beispiel aus Bitburg Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 50. Zurück
  70. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 309. Zurück
  71. Vgl. LHAKo Best. 33, Nr. 8182c. Zurück
  72. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 75. Zurück
  73. Ebd., S. 291 Zurück
  74. Ebd., S. 308. Zurück
  75. Vgl. grundsätzlich Rainer Walz, Hexenglaube und magische Kommunikation im Dorf der frühen Neuzeit. Die Verfolgungen in der Grafschaft Lippe. Paderborn 1993, sowie Walter Rummel, Vom Umgang mit Hexen und Hexerei. Das Wirken des Alltags in Hexenprozessen und die alltägliche Bedeutung des Hexenthemas. In: Methoden und Konzepte (wie Anm. 56), S. 79-108; Voltmer, Gott (wie Anm. 17), S. 210-218. Zurück
  76. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 305. Zurück
  77. Ebd., S. 306. Zurück
  78. Vgl. Walter Rummel, Die "Ausrottung des abscheulichen Hexerey Lasters". Zur Bedeutung populärer Religiosität in einer dörflichen Hexenverfolgung des 17. Jahrhunderts. In: Volksreligiosität in der modernen Sozialgeschichte, hg. v. Wolfgang Schieder. Göttingen 1986, S. 51-72. Vgl. auch in diesem Band Rita Voltmer, Gegen die Unzucht. Nachtridentische Sittenreform, Kriminalisierung und Verfolgung devianter Sexualität im Erzbistum Trier (16. und 17. Jahrhundert). Zurück
  79. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 301-308. Zurück
  80. In Winningen und in Cochem versuchte die etablierte Dorfehrbarkeit erfolglos, sich am Ausschuss zu beteiligen; vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 299. – Der Ausschuss in Föhren bei Pfalzel wurde dagegen jahrzehntelang vom Gerichts- und Sendschöffen Caspar Annen dominiert; vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 31. Zurück
  81. Diese Annahme widerspricht nicht grundsätzlich dem von Labouvie, Zauberei (wie Anm. 27), S. 87 f. geltend gemachten Bedenken, das Ausschussamt sei bisweilen nur widerwillig übernommen worden. Ob ein solches Amt begehrt bzw. genutzt oder ungewollt war, läßt sich letztlich nur im Kontext des gesamten dörflich-sozialen Milieus klären, das den Hintergrund für alle folgenden Aktivitäten bildete. Zurück
  82. Vgl. Ingrid Batori, Die Rhenser Hexenprozesse der Jahre 1628 bis 1630, in: Landeskundliche Vierteljahresblätter, 33, 1987, S. 133-155, hier S. 142, sowie Dies., Schultheiß und Hexenausschuss in Rhens 1628-1632. Zum Ende einer Prozessserie, in: Hexenglaube und Hexenprozesse (wie Anm. 23), S. 195-224. Zurück
  83. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 301. Zurück
  84. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 54f.; Rummel, Bauern, (wie Anm. 27), S. 277-279; Labouvie, Zauberei (wie Anm. 27), S. 86 f. Zurück
  85. Vgl. Rummel, Dynamik (wie Anm. 50).Zauberei (wie Anm. 27), S. 87. Zurück
  86. Für das Folgende vgl. grundlegend Rita Voltmer, Hexenprozesse (wie Anm. 16). Zurück
  87. Zu einem Beispiel aus der Luxemburger Herrschaft Wincheringen im 15. Jahrhundert vgl. ebd., S. 480-484. Zurück
  88. Zu den Hexenverfolgungen im Territorium der Reichsabtei St. Maximin vgl. generell Voltmer / Weisenstein (wie Anm. 56); Voltmer, Einleitung (wie Anm. 56); Dies., Gott (wie Anm. 17), sowie Dies., Hexenverfolgungen St. Maximin bei Trier (Reichsabtei), 07. Dezember 2000. In: Gudrun Gersmann / Jürgen-Michael Schmidt / Margarete Wittke, Lexikon zur Geschichte der europäischen Hexenverfolgungen (Ein Server für die Frühe Neuzeit) <http://www.sfn.uni-muenchen.de>. Zurück
  89. Zur Rechts- und Verfassungsgeschichte des Herzogtums bzw. der Provinz Luxemburg im 16. und 17. Jahrhundert vgl. generell Nicolas Majerus, Histoire du droit dans le Grand-Duché de Luxembourg, Bd. 1-2. Luxemburg 1949; Les institutions du gouvernement central des Pays Bas habsbourgeois (1482-1795), Bd. 1, hg. v. Erik Aerts u.a. Brüssel 1995. Zurück
  90. Vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 25f. Zurück
  91. Für das Folgende vgl. Archives Nationales du Grand Duché de Luxembourg (ANL), Section historique de l'Institut Grand-ducal de Luxembourg (SHL), Fonds Van Werveke, Sorcellerie, Nr. 873-878. Zurück
  92. Zu einem Beispiel aus dem luxemburgischen Hof Bauschleiden (Boulay) in der Propstei Arlon vgl. Voltmer, Hexenprozesse (wie Anm. 16), S. 500f. Zurück
  93. Vgl ebd., S. 514, sowie ANL SHL Fonds Van Werveke, Sorcellerie, Nr. 720-737. Zurück
  94. Stadtarchiv Trier Depositum Kesselstadt, Nr. 7833. – Für den Hinweis auf diesen Beleg danke ich Dr. Ulrich Lehnart. Zurück
  95. Zu den Hexenprozessen in der Eifelherrschaft Wildenburg vgl. ausführlich Voltmer, Hexenprozesse (wie Anm. 16), S. 501-510, sowie dort die Farbkarte im Anhang. Zurück
  96. Vgl. Eberhard Freiherr von Künßberg, Rechtliche Volkskunde. Halle 1936, S. 160-167; Christian Helfer, Positionsmerkmale des Galgenplatzes am unteren Mittelrhein. In: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 13/14, 1962/63, S. 39-59; Ders., Formen und Funktionen des Galgenplatzes am unteren Mittelrhein. In: Bonner Gerichtsblätter 18, 1964, S. 16-38; Voltmer, Hexenprozesse (wie Anm. 16), S. 484f.; Klaus Nippert, Nachbarschaft der Obrigkeiten. Zur Bedeutung frühneuzeitlicher Herrschaftsvielfalt am Beispiel des Hannoverschen Wendlands im 16. und 17. Jahrhundert. Hannover 2000, S. 204-206. Zurück
  97. Vgl. Voltmer, Hexenprozesse (wie Anm. 16), S. 511-513. Zurück
  98. ANL SHL, Fonds van Werveke, Sorcellerie, Nr. 1476. Zurück
  99. ANL SHL, Fonds van Werveke, Sorcellerie, Nr. 856. – Zu den Verfolgungen in Elter vgl. auch Antoinette Reuter, Heinrich Gaderius, streitbarer Pfarrer von Koerich (1607-1621), in: 1747-1997. 250 Joer Käercher Kiirch. Luxemburg 1999, S. 129-133. Zurück
  100. ANL SHl, Fonds van Werveke, Sorcellerie, Nr. 1007-1010. Zurück
  101. Vgl. dazu ausführlich Boris Fuge, Le roi des sorciers. Ein luxemburgischer Hexereiprozess vor dem Grand Conseil de Malines (ca. 1590-1609), in: Hexenprozesse und Gerichtspraxis (wie Anm. 14), S. 69-121. – Vgl. auch Rita Voltmer, Hexenprozesse in der Herrschaft Kail unter Dietrich II. von Manderscheid-Kail (1591-1613). In: Erich Gerten / Jörg Kreutz / Claus Rech: Oberkail. Geschichte eines Dorfes in der südlichen Eifel. Neuerburg 2001, S. 47-52, 402-403. Zurück
  102. Vgl. oben Abschnitt 3. Zurück
  103. ANL SHL, Fonds van Werveke, Sorcellerie, Nr. 1239-1242. Zurück
  104. Vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 58-60; Dies., Hexenprozesse (wie Anm. 16), S. 479, Anm. 16. Zurück
  105. Vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 63. Zurück
  106. ANL SHL, Fonds van Werveke, Sorcellerie, Nr. 1282-1283. Zurück
  107. ANL SHL, Fonds van Werveke, Sorcellerie, Nr. 377-380. Zurück
  108. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), Kap. V. Zurück
  109. Zum Reichskammergericht vgl. grundsätzlich Peter Oestmann, Hexenprozesse am Reichskammergericht, Köln 1997. Zurück
  110. Für das Folgende vgl. P. C. van der Eerden, Cornelius Loos und die magia falsa, in: "Vom Unfug der Hexenprozesse". Gegner der Hexenverfolgung von Johann Weyer bis Friedrich von Spee, hg. v. Hartmut Lehmann u. Otto Ulbricht. Wiesbaden 1992, S. 139-160; Ders., Der Teufelspakt bei Petrus Binsfeld und Cornelius Loos, in: Hexenglaube und Hexenprozesse (wie Anm. 23), S. 51-71; Othon Scholer, "O Kehricht des Aberglaubens, o leerer Wahn der Täuschungen und Gespenster der Nacht!" Der Angriff des Cornelius Loos auf Petrus Binsfeld. In: Methoden und Konzepte (wie Anm. 56), S. 303-327, sowie bes. Ders., Der Hexer war's, die Hexe, ja vielleicht der Dämon höchstpersönlich! Von der Funktionalisierung der Hexenideologie zur Verdeckung und Vertuschung von Peinlichkeiten, Unarten, Vergehen und Verbrechen, nebst einer Reihe von höchst informativen Vor-, Zwischen- und Nachspielen zu Nutz und Frommen der Spätgeborenen. Trier 2005 (im Druck). Zurück
  111. Vgl. Wolfgang Behringer, Hexenverfolgung in Bayern. Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit, München 1988, S. 225-232 u. 258. Zurück
  112. Vgl. Gesta Trevirorum (wie Anm. 26), S. 13f., sowie Rita Voltmer, Von der besonderen Alchimie, aus Menschenblut Gold zu machen oder von den Möglichkeiten, Hexereiverdacht und Hexenprozesse zu instrumentalisieren, in: Hexenwahn (wie Anm. 1), S. 130-141, hier bes. S. 130. Zurück
  113. Vgl. grundlegend Schmidt (wie Anm. 19). Zurück
  114. Für das Folgende vgl. Rummel, Phasen (Anm. 27), S. 288-307. Zurück
  115. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 133-146. Zurück
  116. LHAKo, Best. 33, Nr. 8603, fol. 9v-10; vgl. auch mit weiteren Belegen Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 256f. Zurück
  117. Vgl. Rummel, Hexenverfolgungen (wie Anm. 59), S. 45f. sowie Adolf Kettel, Hexenprozesse in der Grafschaft Gerolstein und in den angrenzenden kurtrierischen Ämtern Prüm und Hillesheim, in: Hexenglaube und Hexenprozesse (wie Anm. 23), S. 355-388, hier S. 368-370. Zurück
  118. Vgl. Walter Rummel, Friedrich Spee und das Ende der kurtrierischen Hexenverfolgungen, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 15, 1989, S. 105-116. Zurück
  119. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 239-245. Zurück
  120. Ebd., S. 223-226. Zurück
  121. Vgl. Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 55-58. Zurück
  122. Vgl. ebd., S. 245-249; Dillinger, Böse Leute (wie Anm. 27), S. 417-438. Zurück
  123. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 245-249; Dillinger, Böse Leute (wie Anm. 27), S. 417-438. Zurück
  124. Vgl. LHAKo, Best. 1C, Nr. 6965, Bl. 90. Zurück
  125. Auf das massive Prozessbegehren durch die Untertanen auch durch Ausschüsse hat erstmals Schormann, Hexenprozesse (wie Anm. 2), S. 56-59, aufmerksam gemacht. Zurück
  126. Behringer, Hexenforschung (wie Anm. 7), S. 128. Zurück
  127. Blickle, Peter, Kommunalismus. Begriffsbildung in heuristischer Absicht, in: Landgemeinde und Stadtgemeinde in Mitteleuropa. Ein struktureller Vergleich, hg. von Ders., München 1991, S. 1-38. Zurück
  128. Vgl. Rummel, Bauern (wie Anm. 27), S. 319 sowie Voltmer, Monopole (wie Anm. 27), S. 10-12, 66f. Dies markiert den Unterschied zu Dillinger, der über die kommunalistische Tradition und Struktur der Ausschüsse hinaus im Kommunalismus einen "integralen Bestandteil" der Hexenlehre sehen möchte; vgl.; Dillinger, Böse Leute (wie Anm. 27), S. 353-357. Zurück
  129. Friedrich Lau (Bearb.), Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten des 16. Jahrhunderts, Bd. IV, S. 69. Zurück
 
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